Bronzeglocke aus der Provinz Schansi,
vermutlich um 1000 v. Chr.
Farben, reiche Stickereien, die Schnitte phantastisch in Anlehnung
an die alten Trachten der Mingzeit, die uns aus Gemälden und
Porzellanbildern der späteren chinesischen Kunst geläufig sind.
Der Vortrag ein pathetisches Gesinge, meist in Falsettönen, das
zu würdigen mir in der kurzen Zeit nicht gelungen ist. Ich
dachte im Gegensatz dazu der tief ergreifenden Eindrücke, die
ich vor der japanischen Bühne genossen hatte, beschied mich
aber, als ich erfuhr, daß meine deutschen Freunde an diesem
chinesischen Theaterwesen mit ernster Anteilnahme hangen.
Eine anziehendere Erinnerung haben sie mir verschafft durch
ein Schattenspiel, das sie eines Abends im Hofe ihres Hauses
aufführen ließen: in einer Bude aus Holz und Leinen sechs
rauchende, spuckende Marionettenspieler, zugleich Musikanten,
die meisterlich die vielgelenken Puppen in Bewegung hielten,
bald heroisch-mythologisch, bald rationalistisch-bürgerlich, bald
voll toller Phantastik, zur jubelnden Freude der geladenen Gäste
und der Neugierigen, die sich aus allen Nachbarhäusern un-
gebeten hinzudrängten.
In das Bereich meiner engeren Berufsinteressen fielen die
Wahrnehmungen über das Kunstgewerbe des heutigen China,
die sich mir auf meinen Streifen durch die Verkaufsläden, die
Magazine der Althändler und eine Reihe von Werkstätten auf-
drängten. Es scheint, als seien die Fertigkeit und Findigkeit
des chinesischen Handwerkers in allen Techniken gegen die
frühere Zeit kaum gemindert, sobald ihm Aufgaben gestellt
werden wie vor alters. Von Ingenieuren hörte ich, daß es dem chinesischen Arbeiter für die Tätigkeit an
der Maschine bislang noch an Umsicht, Stetigkeit und Disziplin mangle: kein Wunder, da ihm diese ganze
Welt noch so neu ist. Aber wie der einzelne, ob Handwerker oder nur Diener, sich auch mit ungewohnten
kleintechnischen Problemen abfinde, wie er überall Hilfe wisse, und wie er schließlich auch zu seinen neuen
Werkzeugen Liebe fasse, das lasse für die Zukunft starke Leistungen erwarten. Heute ist sein Betrieb noch
vorwiegend handwerklich und möglichst auf Grund der Familie organisiert; seine Werkstatt liegt neben den
Wohn- und Schlafzimmern gegen den Innenhof, Gehilfen sind seine Söhne, Frauen, Töchter, Schwiegerkinder,
Enkel, und er verrichtet seine Arbeiten um so lieber, je eingehender der Besteller sie persönlich mit ihm
berät und an ihrem Fortgang teilnimmt.
An Aufträgen auf Qualitätsarbeit fehlt es dem Tüchtigen nicht, denn der Chinese, der auf sich hält, will,
wie der gebildete Japaner, noch heute seinen persönlichen Bedarf, seine Pfeife, seinen Schmuck, sein Pet-
schaft, ebenso wie die Möbel, Geräte und Wandschnitzereien seines Hauses in bester Ausführung an und
um sich sehen. Er hat auch die beneidenswerte, verstehende Freude an edlen Stoffen nicht verloren, an
seltsamen, schönfarbigen Steinen aller Art und Größe, an edlen Bronzetönen, an kostbaren Seiden; noch ist
hier die verheerende Mißindustrie von Übersee nicht so tief in die Lande gedrungen, wie im nahen Insel-
reich. Ich hatte Gelegenheit, beispielsweise
dem Steinschneider zuzusehen, wie er aus der
Fülle köstlicher Materialien, die er bereit hielt,
das ihm passend Scheinende mit sicherem
Takte wählte, es in der mühseligen Technik
Schritt für Schritt förderte und die fertigen
Herrlichkeiten mit sichtlichem Stolze vorführte.
So arbeitet der Holzschnitzer, der Vergolder,
der Metalltreiber, der Töpfer, der Sticker, der
Weber gegen einen Gewinn, der dem Fremden
traumhaft gering erscheint, bis der fremde
Besteller selber durch seine Massenaufträge
oder durch unredliche Nebenabsichten die
Qualität drückt oder die Preise auftreibt.
Allerdings dient ein großer Teil der sorg-
fältigsten Arbeit mittelbar oder unmittelbar
der Fälschungsindustrie; öfter mittelbar, denn
auch hier wünscht der Chinese »sein Gesicht
zu wahren«.
Bekanntlich ist die Nachfrage nach chine-
Bronzetrommei, Aitchina sischen Altsachen in Europa, Amerika und
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vermutlich um 1000 v. Chr.
Farben, reiche Stickereien, die Schnitte phantastisch in Anlehnung
an die alten Trachten der Mingzeit, die uns aus Gemälden und
Porzellanbildern der späteren chinesischen Kunst geläufig sind.
Der Vortrag ein pathetisches Gesinge, meist in Falsettönen, das
zu würdigen mir in der kurzen Zeit nicht gelungen ist. Ich
dachte im Gegensatz dazu der tief ergreifenden Eindrücke, die
ich vor der japanischen Bühne genossen hatte, beschied mich
aber, als ich erfuhr, daß meine deutschen Freunde an diesem
chinesischen Theaterwesen mit ernster Anteilnahme hangen.
Eine anziehendere Erinnerung haben sie mir verschafft durch
ein Schattenspiel, das sie eines Abends im Hofe ihres Hauses
aufführen ließen: in einer Bude aus Holz und Leinen sechs
rauchende, spuckende Marionettenspieler, zugleich Musikanten,
die meisterlich die vielgelenken Puppen in Bewegung hielten,
bald heroisch-mythologisch, bald rationalistisch-bürgerlich, bald
voll toller Phantastik, zur jubelnden Freude der geladenen Gäste
und der Neugierigen, die sich aus allen Nachbarhäusern un-
gebeten hinzudrängten.
In das Bereich meiner engeren Berufsinteressen fielen die
Wahrnehmungen über das Kunstgewerbe des heutigen China,
die sich mir auf meinen Streifen durch die Verkaufsläden, die
Magazine der Althändler und eine Reihe von Werkstätten auf-
drängten. Es scheint, als seien die Fertigkeit und Findigkeit
des chinesischen Handwerkers in allen Techniken gegen die
frühere Zeit kaum gemindert, sobald ihm Aufgaben gestellt
werden wie vor alters. Von Ingenieuren hörte ich, daß es dem chinesischen Arbeiter für die Tätigkeit an
der Maschine bislang noch an Umsicht, Stetigkeit und Disziplin mangle: kein Wunder, da ihm diese ganze
Welt noch so neu ist. Aber wie der einzelne, ob Handwerker oder nur Diener, sich auch mit ungewohnten
kleintechnischen Problemen abfinde, wie er überall Hilfe wisse, und wie er schließlich auch zu seinen neuen
Werkzeugen Liebe fasse, das lasse für die Zukunft starke Leistungen erwarten. Heute ist sein Betrieb noch
vorwiegend handwerklich und möglichst auf Grund der Familie organisiert; seine Werkstatt liegt neben den
Wohn- und Schlafzimmern gegen den Innenhof, Gehilfen sind seine Söhne, Frauen, Töchter, Schwiegerkinder,
Enkel, und er verrichtet seine Arbeiten um so lieber, je eingehender der Besteller sie persönlich mit ihm
berät und an ihrem Fortgang teilnimmt.
An Aufträgen auf Qualitätsarbeit fehlt es dem Tüchtigen nicht, denn der Chinese, der auf sich hält, will,
wie der gebildete Japaner, noch heute seinen persönlichen Bedarf, seine Pfeife, seinen Schmuck, sein Pet-
schaft, ebenso wie die Möbel, Geräte und Wandschnitzereien seines Hauses in bester Ausführung an und
um sich sehen. Er hat auch die beneidenswerte, verstehende Freude an edlen Stoffen nicht verloren, an
seltsamen, schönfarbigen Steinen aller Art und Größe, an edlen Bronzetönen, an kostbaren Seiden; noch ist
hier die verheerende Mißindustrie von Übersee nicht so tief in die Lande gedrungen, wie im nahen Insel-
reich. Ich hatte Gelegenheit, beispielsweise
dem Steinschneider zuzusehen, wie er aus der
Fülle köstlicher Materialien, die er bereit hielt,
das ihm passend Scheinende mit sicherem
Takte wählte, es in der mühseligen Technik
Schritt für Schritt förderte und die fertigen
Herrlichkeiten mit sichtlichem Stolze vorführte.
So arbeitet der Holzschnitzer, der Vergolder,
der Metalltreiber, der Töpfer, der Sticker, der
Weber gegen einen Gewinn, der dem Fremden
traumhaft gering erscheint, bis der fremde
Besteller selber durch seine Massenaufträge
oder durch unredliche Nebenabsichten die
Qualität drückt oder die Preise auftreibt.
Allerdings dient ein großer Teil der sorg-
fältigsten Arbeit mittelbar oder unmittelbar
der Fälschungsindustrie; öfter mittelbar, denn
auch hier wünscht der Chinese »sein Gesicht
zu wahren«.
Bekanntlich ist die Nachfrage nach chine-
Bronzetrommei, Aitchina sischen Altsachen in Europa, Amerika und
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