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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 28.1917

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Pazaurek, Gustav E.: Glasschnitt im Hochrelief
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https://doi.org/10.11588/diglit.4829#0228

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Wilhelm von Eiff:

Zeppelin-Pokal

Stuttgart, Privatbesitz

hier in Abbildung vorführen. Es sind durchwegs Schöpfungen des jungen württem-
bergischen Glaskünstlers Wilhelm von Eiff, der derzeit als Reserve - Leutnant, vor
dem Feinde mit dem Eisernen Kreuze ausgezeichnet, dem Vaterlande dient.

Wilhelm von Eiff, der in Göppingen am 11. September i8go geboren ist, ent-
stammt einer alten aber verarmten Adelsfamilie, deren Ahnen im Gebiete der Land-
grafen von Hessen - Kassel, also zufällig im Tätigkeitsgebiete des größten deutschen
Hochrelief - Glasschneiders alter Zeit, nämlich Gundelachs, begütert waren. Sein
Vater, ein strebsamer Modelleur und Former, brachte ihm die erste Neigung bei,
sich mit dem Kunstgewerbe zu beschäftigen, und die Zweiganstalt der Württem-
bergischen Metallwarenfabrik seiner Vaterstadt, die auch den Glasschliff und den
Glasschnitt für die Metallmontierung besorgt, interessierte ihn für die Glasdekoration.
Die Glasgraveure Schaute und Wander, letzterer aus dem altberühmten Glas-
gravierungslande Böhmen, lehrten ihn die schwere Kunst, und in der Zeichenschule
von Kolb und Gmelich erfuhr er den Unterricht im Zeichnen. Das weitere be-
sorgten die zahllosen Eindrücke auf einer großen Reise, die den jungen Zeichner
und Glasschneider über München und Innsbruck nach Florenz und Genua, dann
in die verschiedensten Städte von Frankreich, zuletzt nach Paris brachte, wo er bei
Charles Michel, dem besten französischen Graveur in den Jahren 1911 —13 ver-
ständnisvolle Aufnahme und ausgiebigste Betätigungsmöglichkeiten im figuralen
Schnitt fand. Die segensreiche Einrichtung der württembergischen König - Karls-
Jubiläums - Stiftung machte seine Heimat auf diesen hoffnungsvollen Künstler auf-
merksam und verschaffte ihm die Möglichkeit zur entscheidenden weiteren Ausbildung.
Hatte er in Paris namentlich durch die Pflege des figuralen Schnittes, ja sogar des
einzig dastehenden Hochrelief - Porträtschnittes die höchste technische Leistungs-
fähigkeit erreicht, so galt es nun noch, ihn aus den Fesseln der historischen Stile,
die ja in Paris immer noch überwiegen, zu befreien und ihn durch neue Beziehungen
zur Wiener Kunstgewerbeschule und zum Hause Lobmeyr zum selbständigen Kunst-
gewerbler heranzubilden. Bevor der Weltkrieg ausbrach, war Eiff Meisterschüler
der Stuttgarter Kunstgewerbeschule und verdankt namentlich dem Professor Paul
Haustein vielfache Anregung in der Behandlung des modernen Ornaments. Die
bisherigen Arbeiten von Eiffs sind zwar schon recht zahlreich, aber naturgemäß
vielfach verstreut namentlich in französischem Privatbesitz; erst die letzten, voll-
bezeichneten Stücke aus der zweiten Hälfte von 1913 und der ersten Hälfte von
1914 sind uns näher zugänglich, dazu zählt z. B. das kraftvolle Löwenbändiger-Relief

im Stuttgarter Landesgewerbe-Museum, das auch
eine charakteristische Dose und eine elegante
ornamental behandelte Flasche desselben Künstler
sein eigen nennt. Die bedeutendsten Arbeiten
sind aber erst durch einen entsprechenden Urlaub
ermöglicht worden, den die Militärbehörden in
verständnisvoller Würdigung der Verhältnisse
gewährt haben: im Vordergrunde stehen die
beiden reichgeschnittenen Deckelrömer mit dem
Relief-Porträt des württembergischen Königs,
der dem jungen Künstler im vorigen Sommer
eine Sitzung im Schloß Bebenhausen gewährte.
Das eine der beiden kostbaren Gläser ist jetzt
auch Eigentum des Königs, dem es der Verein
der Freunde des Landesgewerbemuseums an-
läßlich des Regierungs-Jubiläums verehrte; das
andere hat sich das Landesgewerbemuseum ge-
sichert. Nicht minder hervorragend ist der
Zeppelinpokal unter Verwendung der gleichen
Rohglasform, jedoch unter Heranziehung des
Facetten - Schliffes für Schaft und Knauf; auch
das Porträt - Relief des verewigten Begründers
unserer Luftschiffahrt ist nach dem Leben ge-
arbeitet. Einen weiteren ähnlichen Pokal schmückt
das Brustbild des bekannten Reichsrats- und
Landtagsabgeordneten Konrad Hausmann (in
dessen Privatbesitz). Weitere ähnliche Leistungen,

Wilhelm von Eiff: Dose mit Relief-Putto
Stuttgart, Besitzer Oraf C. Moy

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