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Der Kunstmarkt
Wochenschrift für Kenner und Sammler
Herausgegeben u. verlegt von E. A. SEEMANN, Leipzig, Querstrasse No. 13
fiürejfiunurejnafitjfM Beiblatt der Zeitschrift für bildende Kunst nunanünunununanu
I. Jahrgang 1903/1904 Nr. 37. 15. Juli
Der Kunstmarkt erscheint am Freitage jeder Woche (mit Ausnahme der drei Sommermonate, wo er je nur einmal erscheint) und kostet 4 M. jährlich
(40 Nummern). Bei Bezug unter Kreuzband, direkt von der Verlagsbuchhandlung, beträgt der Jahrespreis 6 M. Abonnenten der Zeitschrift für
bildende Kunst erhalten den Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigenpreis 30 Pf. für die einspaltige Petitzeile. Redaktionsschluß Montag früh.
Die nächste Nummer (38) des Kunstmarktes erscheint am 12. August

BEVORSTEHENDE AUKTIONEN

18.—21. Juli 1904. Brionne (Eure), Chateau de Bois-
David. Alte Fayencen v. Rouen, Grav.
Gemälde, Zeichnungen, Bronzen.

*3. Oktober u. ff. Albert Kende, Wien. Lithographien.
Oktober. J. M. Heberle, Köln. Kunstsammlungen
Gebr. Bourgeois.

NEUIGKEITEN VOM KUNSTMARKTE

Kunstsammlungen Dr. Jakob von Hefner-Alteneck.
Versteigerung bei Hugo Helbing, München, 6.-8. Juni
1904. Den Ruf, den diese, von einem der besten Kenner
altdeutscher Kunst zusammengebrachten, seit den sechziger
Jahren in ihrem Bestand unveränderten Sammlungen ge-
nossen, rechtfertigte der außerordentlich lebhafte Besuch,
der sich schon in den Tagen der Vorbesichtigung bemerk-
bar machte. Bis zu den Mitgliedern des bayrischen
Herrscherhauses hinauf brachte die gebildete Welt Mün-
chens den Kunstschätzen das stärkste Interesse entgegen.
Bei der Auktion selbst waren die ersten Museen Deutsch-
lands vertreten: voran München (Nationalmuseum, Kupfer-
stichkabinett, Armeesammlung), Nürnberg, Berlin (Kunst-
gewerbemuseum), Dresden (Historisches Museum), Zürich
(Landesmuseum), Frankfurt, Prag, Gotha, Mannheim (Alter-
tumsverein) und andere, von auswärtigen das Kensington-
museum und das von Sheffield. — Gleich die erste Abtei-
lung, Waffen, fesselte in hohem Grade und zeitigte Preise,
wie sie selbst bei trefflichster Beglaubigung des Ursprungs
nur ganz selten erzielt zu werden pflegen. Den gotischen
Harnisch, Nr. 1, ein sehr beachtenswertes, vollständiges
Exemplar, kaufte Böhler, München für 21000 M., während
die folgenden, der teilweise ergänzte Nr. 2 und die Maxi-
miliansrüstung nur 5600 und 5900 M. brachten. Der un-
garische Krebs, Nr. 4, das interessanteste Stück dieser Gruppe,
ging für den verhältnismäßig geringen Preis von 6600 M.
an den Mannheimer Altertumsverein, wo er in dem dort
zu gründenden Museum eines der Glanzstücke abgeben
wird. Um die Stücke Nr. 12 und 13, die berühmte Hunds-
gugel und einen schönen Eisenhut, entbrannte ein heißer
Kampf zwischen dem Berliner Zeughaus und Mr. Gold-
schmidt-Paris; schließlich trug der letztere, der für eine
Händlergruppe bot, die Helme für den enormen Preis von
20100 und 18200 M. davon. Zwei weitere Visierhelme
brachten 2600 und 3400 M. (Museum in Frankfurt); die
geätzte Backenhaube (mit neuem Sammetbezug), Nr. 15,
3000 M. Nr. 24, eine Kugelbrust, erzielte trotz ihrer Er-
gänzungen noch 2000 M. Die mächtige Roßstirn, Nr. 67,
ein ungewöhnlich großartiges Stück, an dem nur der Schild

mit der aufgenieteten Rosette neu erschien, wurde für
5600 M. vom Frankfurter Museum erstanden. Auch bei
den Schwertern ließ die Kaufstimmung nicht nach. Es
brachten: Nr. 72 630 M., Nr. 73 1250 M., das Jagdschwert
Nr. 74 800 M., das schöne, aus dem Zeughaus zu Winter-
thur stammende Schwert mit interessanter Griffbildung
Nr. 75 1850 M., der Galadegen Nr. 86 (Anfang 17. Jahr-
hundert) 760 M. Für den einfachen Zweihänder Nr. 92,
der keinerlei Bemerkenswertes bot, wurden noch 670 M.
bezahlt. Die gotische Armbrust Nr. 10g ging für 350 M.,
die Flaschenzugarmbrust Nr. 110 für 360 M., die Jagdarm-
brust mit Geißfuß Nr. 111 für 410 M. weg; die Rad-
schloßbüchsen Nr. 119 ff. brachten 740, 700, 1710 (mit
schönen gravierten Bein-, nicht Elfenbeineinlagen), das
Faustrohr Nr. 124 sogar 1550 M. So schloß die Abteilung
Waffen mit dem Gesamtresultat von 137847 M. gewiß
recht günstig ab.
Unter den nun folgenden Eisenarbeiten war der Schwert-
knauf von Othmar Wetter oder einem ihm nahestehenden
Meister, Nr. 210, die piece de resistance; obwohl der Eisen-
schnitt äußerst reizvoll behandelt war, schien doch das
Stück mit 4400 M. reichlich überzahlt zu sein. Daneben
erzielte ein vortrefflich geätztes Kistenschloß vom Ende
des 16. Jahrhunderts, Nr. 143, den höchsten Preis mit
670 M. Den interessanten emaillierten Anhänger einer
Turnier-Roßrüstung, Nr. 214, ein Stück von seltener farbiger
Schönheit, kaufte um 360 M. das Historische Museum zu
Dresden, den kupfer - versilberten Evangeliardeckel mit
zwanzig Miniaturköpfen, eine Arbeit des reiferen Trecento,
Nr. 216, für 1000 M. Herr Rosenthal. Eine kupfer-vergoldete
Halskette aus bandartigen Gliedern, wie sie z. B. auf den
Bildern Cranachs häufig vorkommt, brachte 1235 M. Über-
raschende Ergebnisse erzielten die plastischen Arbeiten;
wenn auch eine schöne Riemenschneidersche Madonna mit
10100 M. dem Zeitwert nach nicht zu hoch bezahlt zu sein
scheint (der gleichgute St. Johannes desselben Meisters
kam für 3060 M. an das Frankfurter Museum), so muß
doch die Summe von 39000 M., bis zu der die beiden
Engel Alonso Canos aufstiegen, als ein abnormer hoher
 
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