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Der Kunstmarkt

Wochenschrift für Kenner und Sammler
Herausgegeben u. verlegt von E. A. SEEMANN, Leipzig, Querstrasse No. 13
ru ru ru ru rls ru ru ru Beiblatt der Zeitschrift für bildende Kunst ro ru rw ru ro ru ru ru
I. Jahrgang 1903/1904 Nr. 40. 30. September
Der Kunstmarkt erscheint am Freitage jeder Woche (mit Ausnahme der drei Sommermonate, in denen er nur je einmal erscheint) und kostet 4 M.
jährlich (40 Nummern). Bei Bezug unter Kreuzband, direkt von der Verlagsbuchhandlung, beträgt der Jahrespreis 6 M. Abonnenten der Zeit-
schrift für bildende Kunst erhalten den Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigenpreis 30 Pf. für die einspaltige Petitzeile. Redaktionsschluß Montag früh.

BEVORSTEHENDE AUKTIONEN

*3. Oktober u. ff. Albert Kende, Wien. Lithographien.
*12. Oktober. Anton Creutzer, Aachen. Hervorragende
Bilder alter Meister.
*17. Otober u. ff. Adolf Heß Nachf., Frankfurt a. M.
Medaillen und Münzen.
*17.—18. Oktober. Math. Lempertz, Köln. Kunstsamm-
lungen von Dr. Aldenkirchen in Trier und
zweier russischer Sammler.

*19.—29. Oktober. J. M. Heberle, Köln. Sammlung
Bourgeois, Kunstsachen und Antiquitäten
des 6.—18. Jahrhunderts.
*27. Oktober u. ff. Hugo Helbing, München. Kunst-
sammlung Pfister.
27.-29. Oktober. J. M. Heberle, Köln. Sammlung
Bourgeois, Gemälde alter u. neuzeitlicher
Meister des 14.-19. Jahrhunderts.

NEUIGKEITEN VOM KUNSTMARKTE

Collection Bourgeois Freres. Zu der am 19. Ok-
tober in Köln beginnenden Versteigerung der Privatsamm-
lung und des Kunstlagers des bekannten großen, im letzten
Sommer verstorbenen Kunsthändlers Caspar Bourgeois
hat der Leiter der Auktion, Dr. H. Lempertsz jun., in Firma
Heberle in Köln, einen splendiden Prachtkatalog in zwei
starken Foliobänden mit Büttenpapier, 112 Heliogravüre-
tafeln und vielen Textillustrationen erscheinen lassen. Mit
lebhaftem Interesse wird das Auge des Kenners auf diesen
Abbildungen mit ihrer Menge von Kostbarkeiten und Rari-
täten ruhen und in den ausführlichen und treffenden Be-
schreibungen die Arbeit von sachkundiger Hand erkennen.
Im ersten Bande, welcher die Kunstsachen und
Antiquitäten des Mittelalters, der Renaissance und der
späteren Stile verzeichnet, haben Otto von Falke und
A. Schnütgen, die beiden ausgezeichneten Forscher, tat-
kräftig mitgearbeitet und dem Katalog damit dauernden
Wert verliehen. Es fällt angenehm auf, daß hier die in
Heberieschen Katalogen üblichen vagen, lobenden Zen-
suren der einzelnen Stücke fehlen, aber es wäre wünschens-
wert gewesen, daß man einige Imitationen und zweifel-
hafte Stücke wie die Sieneser Bucheinbände, das ominöse
silberne Lesepult, das aus der Sammlung Oppenheim
zurückgegeben sein muß, ein paar Elfenbeinstatuetten
»im Stile des 14. Jahrhunderts« und einiges andere streng
und rücksichtslos von der Masse der echten Wertstücke
geschieden hätte. Gerade weil es bekannt ist, daß die
Collection Bourgeois mit feinster Kennerschaft und Reellität
zusammengebracht ist, hätte man die paar bedenklichen
Stücke deutlich ausmerzen und in eine Separatabteilung
zusammenfassen sollen. Der erste Band verzeichnet 1512
Nummern in 26 Gruppen, die alle hervorragende Selten-
heiten und Kostbarkeiten enthalten. In der Gruppe des
Steinzeuges findet man prächtige Typen der Kölner, Sieg-
burger, Raerener und Westerwalder Töpferei; in der

Gruppe der italienischen Majoliken Arbeiten aus Caffagiolo,
Gubbio, Castel Durante, Deruta, Faenza, Urbino (Fr. Xanto);
unter den Terrakotten Robbiaarbeiten; unter dem Porzellan
frühe, beste Stücke, besonders Figuren und Gruppen aus
Meißen, Höchst, Frankenthal, Ludwigsburg, Nymphenburg,
Wien, Berlin, China und Japan; unter dem Glas eine
prächtige Moscheenlampe um 1300 (Nr. 303), venezianische
Becher, deutsche Willkommen und Humpen; unter dem
Email viel kostbares Kirchengerät, Limogebilder und Buch-
deckel; unter dem Kultgerät aus Edelmetall Reliquiare;
unter dem Prunk- und Tafelgerät herrliche Renaissance-
pokale, Kannen, Becher, figürliche Trinkgefäße und ein
geradezu fürstliches Augsburger Prunkschränkchen in Pali-
sander mit Goldemail und Edelsteinen. Ebenso reich an
erlesenen Stücken sind die folgenden Gruppen: Schmuck
und Kleingerät, Bronze, Kupfer, Messing (Aquamanile),
Zinn und Blei (Mars- und Temperantiaschüssel), Eisen,
Plaketten und Medaillen (M. d. Pasti, Pisanello, Sperandio),
Uhren, Bestecke, Waffen (italienische Prunkrüstung), Elfen-
bein (normannisches Jagdhorn), Schnitzereien in Buchs,
Skulpturen in Holz, Stein, Leder und Schildpatt, Manu-
skripte mit Miniaturen, Dosen, Textilien (Gobelins, Meß-
gewänder), Kästen und Schatullen, Möbel (spätgotischer
Prunkschrank, französisch, Nr. 1441).
Der zweite Band umfaßt 159 alte und moderne Ge-
mälde und 50 Zeichnungen und Studien von Benj. Vautier.
Unter den alten Meisterwerken bringen die Abbildungen
als besondere Wertstücke zwei bezeichnete Madonnen-
bilder von G. Bellini, eine Madonna mit Kind von dem
sogenannten Amico di Sandro Botticelli, eine Himmelfahrt
des heiligen Ludwig von Lor. Credi, ein sehr bedeutendes
Gemälde (Inthronisation des heiligen Isidorus) von L. Dal-
mäu, das Porträt des N. Rockox von Van Dyck, eine feine
venezianische Ansicht von Guardi, eine großartige Kreuz-
abnahme von Lor. Lotto, ein schönes Familienbild von
 
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