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Kunstwart und Kulturwart — 33,2.1920

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Heft 7 (1. Januarheft 1920)
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Spectator: Vorherrschaft des Judentums?
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Schumann, Wolfgang: Fontane: zur hundertsten Wiederkehr seines Geburtstages
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https://doi.org/10.11588/diglit.14431#0024

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Literatur noch fast ganz ohne jüdische Beteiligung war, von Staat !nnd Ge-
sellschaft ganz abgesehen. Eine ruhige, umsichtige und sachliche Beurtei--
lung auch des jüdischen Problems wird eine der großen Hauptaufgaben der
Zukunft sein, bei der auch die Iuden mithelfen und anf Ressentiment
und Vorherrschaft bewußt verzichten müssen. Vor allem müssen wir tun,
was tausend Gründe auch ohnedies verlangen: wir müssen mit allem Ernst
und aller Hingebung eine nationale Kulturform schaffen und ausbauen.
Wer jetzt Nietzsch-es Schriften aus den 70er Iahren liest, der wird gerade über
diesen Punkt die tiefsten Aufklärungen erhalten. Er hat wunderbar scharf
gesehen. Dieser Aufbau einer nationalen Kultur und feineren Geistigkeit
wird unendliche MÜHe und KLmpfe kosten, verlangt schärfste Selbstkritik
und Verzicht auf lediglich demokratische Oberflächlichkeiten. Er kann aber
seinem Wesen nach gar nicht in die Hände der Iuden fallen, da diese bei
allen außerordentlichen Talenten in dieser Hinsicht nach Ausweis der Er-
fahrung nicht sehr produktiv sind. Sie sind ein belebender Zusatz zu deutscher
Schwerfälligkeit und Philisterei, aber sie sind auch heute nicht die geistigen
Führer, sondern die eifrigen Kommentatoren und geistreichen Rmschreiber
deutscher Führer. Es muß nur Recht und Sitte werden, daß man das, was
wirklich jüdisch ist, als solches bezeichnen darf in aller Ruhe und Achtung
und daß nicht schon die Bezeichnung einer Sache als „jüdisch' iür antise--
mitisch gilt. Das müssen die Iuden lernen und zugestehen, wie sie es unter
vier Augen ja auch heute schon tun. Im übrigen muß Haß und Rache auch
hier nach jeder Möglichkeit abgebaut werden und müssen die Deutschen be-
greifen, daß es für ihre Rettung ganz und gar auf Güte und Kraft ihrer
eigenen positiven Produktion ankommt. Das kann man sich nach allen
Seiten hin nicht nachdrücklich genug klar machen.

Berlin, 20. so. 1.9 Spectator

Fontane

Zur hundertsten Wiederkehr seines GeburtStages
m 50. Dezember s8s9 wurde Theodor Fontane geboren, der als unser
I Zeitgenosse vor zwanzig Iahren aus dem Leben schied. Lin gewich-
^*^tiger Gedichtband, eine stattliche Zahl von Romanen, die sechs bis
sieben starke Bände füllen, einige ernsthafte aber nicht der Fachwissenschaft,
sondern der Allgemeinheit gehörendeGeschichtwerke, etliche Lrinnerungen aus
dem eigenen Leben, vier BLnde Schilderungen der Mark Brandenburg --
das hat er als Lebenswerk Hinterlassen. Auch entzückende Briefe und geist-
reiche Kritiken Fontanes und noch einiges andere hat man später der Offent--
lichkeit gesammelt übergeben. Wie nur wenige Gesamtwerke bedeutender
Männer bildet das seine eine leicht übersehbare, in sich geschlossene und klar
bestimmte Einheit.

Wo gehört es hin? Es ist bezeichnend für Fontanes Werk, daß Ivir es
aus unmittelbarem Gefühl heraus schwerlich in die Reihe der dichterischen
Gesamtwerke seiner 'Zeitgenossen stellen mögen. Storms Schriften, Kellers
Werke, Meyers Gesammelte, Heyses Sämtliche, Mörikes Dichtungen, solche
bilden eine Reihe. Fontanes Werk weicht schon nach seiner „Farbe" von
ihnen ab. Man hat ihn den Dichter des Preußentums genannt, und dieses
Wort deutet vielleicht auf Wesentliches hin. Im deutschen Sprachgebiet hat
es recht selten Dichter eines Volkstums oder Stammtums gegeben. Sächsische
Dialekt°„Dichter", echt--bayerische Landesschriftsteller und Lokalpoeten wohl,
aber Dichter des Sachsentums, des Bayerntums, des Schwabentums?
 
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