gründlich derachtete — das ist rnir mindestens ebensodiel wert wie Hohen-
friedberg oder Leuthen. Ilnd die berühmte Torgauer Ansprache, „Rackers,
wollt ihr denn ewig leben", geht mir eigentlich noch über Torgau sclbst.
(7>as Recht einer freien Entwicklung der Geister, nach rechts oder links
^yin, ist zugestanden,- nicht Ziel und Richtung gelten fürder als das
sittlich Entscheidende, sondern der W eg. Wessen Weg über Treubruch,
Vsrrat und Andankbarkeit führt, den kann kein hohes Prinzip, keine glän-
zende Fahnenschrift retten; wer umgekehrt lautere Wege wandelt, dem
gegenüber ist es gleichgültig, wenigstens vom ethischen Standpunkt aus,
wohin diese Wege leiten.
?>n Wahrheit liegt es so, daß die preußische Welt seit König Friedrich
OWilhelm I. beständig wachsende Fortschritte, nicht im „Männerstolz vor
Königsthronen", sorrdern umgekehrt im Byzantinismus gemacht hat, und
daß die eigentlichen Charaktere und die eigentlichen mutigen Männer in
Tagen lebten, wo's keine patentierte Freiheit gab.
/Ls gibt Zeiten, hart zu sagen, in denen auch strikte Gerechtigkeit zu einem
^Fehler werden kann. Der Deutsche war zu allen Zeiten nur allzu geneigt,
in diesen Fehler zu verfallen. „Sei nicht allzu gerecht, mein Volk", —
durfte schon Klopstock nrahnen.
/Lin Plan siegt nie durch sich selbst, wie klar auch der Gedauke, wie
^richtig die Berechrrung gewesen sein möge, die ihn gebar. Aber ein
lichtvoller Gedanke, wenn er nicht der Sieg selber ist, ist eine Gewähr
des Sieges. Wie ein elekrischer Funken durchzuckt er das Ganze, stählt
und zündet, gibt Rerv und Leben, und bereitet eben dadurch auch die glück-
liche Ausführung vor, indem er dern Ganzen ein energischeres Leben leiht.
Diese Kraft hat aber immer nur der richtige, der echte, der geistgeborene
Gedanke.
(chxas moderne Leben räumt erbarmungslos mit all dem Äberkommenen
^auf. Ob es glückt, ein Nilreich aufzurichten, ob Iapan ein England im
Stillen Ozean wird, ob Lhina mit seinen vierhundert Millionen aus dem
Schlaf aufwacht und, seine Hand erhebend, uns und der Welt zurust: „Hier
bin ich", allem vorauf aber, ob fich der vierte Stand etabliert und ftabiliert
(denn darauf läuft doch in ihrem vernünftigen Kern die ganze Sache hinaus),
das alles fällt ganz anders ins Gewicht, als die Frage: „Quirinal oder
Vatikan?" Es hat sich überlebt. Und anstaunenswert ist nur das eine,
daß es überhaupt noch so weiter geht. Das ist der Wunder größtes.
Qnlang es eine Geschichte gibt, haben sich Umwälzungen, auch die segens-
^reichsten, durch einen Wort- oder Treubruch eingeleitet. Wenn es
Ausnahmen gibt, so sind es ihrer nicht viele, kluge Vorsorglichkeiten aber
haben das Odium zu eskamotieren gewußt. — Wer vor große, jenseits
des Alltäglichen liegende Aufgaben gestellt wird, der soll sich ihnen nicht
entziehen, am wenigsten sich zum Knecht landläufiger Begriffe von Ruf
und gutem Namen machen. Er soll nicht kleinmütig vor Verantwortung
zurückschrecken; denn darauf läuft diese ganze Ehrensorge hinaus. Mit
Gott und mit sich selber hat er sich zu vernehmen. Es soll sich zum
Opfer bringen können, sich, Leben, Ehre ... Line Treue kann die andre
ausschließen. Wo die Bewährung der einen durch die Verletzung der an-
deren erkauft werden muß, da wird freilich inuner ein bitterer Beigeschmack
bleiben; aber gerade wer diesen Beigeschmack am bittersten empfindet, wird
aus den reiusten Beweggründen heraus gehandelt haben.
st
friedberg oder Leuthen. Ilnd die berühmte Torgauer Ansprache, „Rackers,
wollt ihr denn ewig leben", geht mir eigentlich noch über Torgau sclbst.
(7>as Recht einer freien Entwicklung der Geister, nach rechts oder links
^yin, ist zugestanden,- nicht Ziel und Richtung gelten fürder als das
sittlich Entscheidende, sondern der W eg. Wessen Weg über Treubruch,
Vsrrat und Andankbarkeit führt, den kann kein hohes Prinzip, keine glän-
zende Fahnenschrift retten; wer umgekehrt lautere Wege wandelt, dem
gegenüber ist es gleichgültig, wenigstens vom ethischen Standpunkt aus,
wohin diese Wege leiten.
?>n Wahrheit liegt es so, daß die preußische Welt seit König Friedrich
OWilhelm I. beständig wachsende Fortschritte, nicht im „Männerstolz vor
Königsthronen", sorrdern umgekehrt im Byzantinismus gemacht hat, und
daß die eigentlichen Charaktere und die eigentlichen mutigen Männer in
Tagen lebten, wo's keine patentierte Freiheit gab.
/Ls gibt Zeiten, hart zu sagen, in denen auch strikte Gerechtigkeit zu einem
^Fehler werden kann. Der Deutsche war zu allen Zeiten nur allzu geneigt,
in diesen Fehler zu verfallen. „Sei nicht allzu gerecht, mein Volk", —
durfte schon Klopstock nrahnen.
/Lin Plan siegt nie durch sich selbst, wie klar auch der Gedauke, wie
^richtig die Berechrrung gewesen sein möge, die ihn gebar. Aber ein
lichtvoller Gedanke, wenn er nicht der Sieg selber ist, ist eine Gewähr
des Sieges. Wie ein elekrischer Funken durchzuckt er das Ganze, stählt
und zündet, gibt Rerv und Leben, und bereitet eben dadurch auch die glück-
liche Ausführung vor, indem er dern Ganzen ein energischeres Leben leiht.
Diese Kraft hat aber immer nur der richtige, der echte, der geistgeborene
Gedanke.
(chxas moderne Leben räumt erbarmungslos mit all dem Äberkommenen
^auf. Ob es glückt, ein Nilreich aufzurichten, ob Iapan ein England im
Stillen Ozean wird, ob Lhina mit seinen vierhundert Millionen aus dem
Schlaf aufwacht und, seine Hand erhebend, uns und der Welt zurust: „Hier
bin ich", allem vorauf aber, ob fich der vierte Stand etabliert und ftabiliert
(denn darauf läuft doch in ihrem vernünftigen Kern die ganze Sache hinaus),
das alles fällt ganz anders ins Gewicht, als die Frage: „Quirinal oder
Vatikan?" Es hat sich überlebt. Und anstaunenswert ist nur das eine,
daß es überhaupt noch so weiter geht. Das ist der Wunder größtes.
Qnlang es eine Geschichte gibt, haben sich Umwälzungen, auch die segens-
^reichsten, durch einen Wort- oder Treubruch eingeleitet. Wenn es
Ausnahmen gibt, so sind es ihrer nicht viele, kluge Vorsorglichkeiten aber
haben das Odium zu eskamotieren gewußt. — Wer vor große, jenseits
des Alltäglichen liegende Aufgaben gestellt wird, der soll sich ihnen nicht
entziehen, am wenigsten sich zum Knecht landläufiger Begriffe von Ruf
und gutem Namen machen. Er soll nicht kleinmütig vor Verantwortung
zurückschrecken; denn darauf läuft diese ganze Ehrensorge hinaus. Mit
Gott und mit sich selber hat er sich zu vernehmen. Es soll sich zum
Opfer bringen können, sich, Leben, Ehre ... Line Treue kann die andre
ausschließen. Wo die Bewährung der einen durch die Verletzung der an-
deren erkauft werden muß, da wird freilich inuner ein bitterer Beigeschmack
bleiben; aber gerade wer diesen Beigeschmack am bittersten empfindet, wird
aus den reiusten Beweggründen heraus gehandelt haben.
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