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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 4.1928

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Reitz, Leopold: Der Kurfürst wird kurios kuriert
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https://doi.org/10.11588/diglit.29785#0017

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mit ihrem langen Doktorstecken beiseite und ihre Schwarzinäntel in den
unbestrittenen Dordergrund schieben zu können, so ist doch zutrefsend,
dah hinter dem stuininen Srnst ihrer Perückenstirnen die Genugtuung
kicherte: „Es ist schon gut, dah er uns auch einmal braucht". Kurzum
es war für sie ein triftiger Fall. Welch ein Triumph, wenn der all-
mächtige Oberhofzeremonienmeister. in Brokat ausge-gossen wie eine
goldene Glocke, neuerdings ihren Gruh auf gleicher Ebene erwiderte. Sie
gingen ans Werk mit allem Gewaffen und pttensil ihrer ehrenwerten
Kunst. Zuvvrderst und vor allem wurde ein Pülverlein verabreicht, den
kurfürstlichen Bauch zu laxieren, jedoch war der Patient von seinem
Willen zur Souveränität bis ins Gedärm durchdrungen, also dah seine

Die Doktores

innerliche Beharrlichkeit erst durch eine ganz profans Klistierspritze be-
zwungen werden konnte. Äuf das hin postierten sie sich, der eine beim
Puls mit einer Miene, als hätte er den landesherrlichen Lebensfaden
aus der Äorne spinnenden Hand in festere Derwahrung genoinmen; ein
Zweiter betreute den Nachtstuhl, indem er brillenstier ins Geschirr starrte,
als lese er letzte Offenbarung daraus; ein Dritter hielt das Harnglas in
die Sonne mit der Ergriffenheit einer ritualen Handlung: der Leibarzt
war für Lie Zunge zuständig aus Lradition, da er die hohe Verant-
wortung fchon immer mit dem Küchenchef gemeinsam trug: dem Fürsten
zu Häupten stand der Oberhofmedikus, leidvoll heruntergebückt, als wollte
er dem gequälten Fürstenhaupt seine eigene unbeschwerte Stirne an-
bieten. Äb und zu in das bedeutungsschwere Schweigen fielen lateinische
Brocken, welche den einzelnen Llebelständen die Ehre der geziemenden
Titulation erwiesen und dem Kranken das immerhin tröstliche Gefühl
gaben, von keiner trivialen Leibesplage ergriffen zu sein.

So trieben sie es drei Tage lang und traten hierauf zu einem gar
seierlichen Konzilium zusammen, wo bsi erregtem Meinungskampf ihre
Nasen nur erschrecklich viel Spaniol konsumierten, aber keinerlei Ein-
 
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