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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 4.1928

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Reitz, Leopold: Der Kurfürst wird kurios kuriert
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https://doi.org/10.11588/diglit.29785#0019

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an den mit Devotion gebückten Kopf, hieß ihn einen windigen Filou,
vertrackten Kerl und schnöden Deulelschneider. „Mlle ronneres! Laßt
mich in Ruh mit enren Faxen!" Damit warf er sich herum und kehrte
ihnen mit einer nicht mißzuverstehenden Gebärde den Rücken. Dis aui
den Leibarzt retirierten sich die Herrsn zur Tür hinaus, und draußen stand
der Hofnarr, der durchs Schlüsselloch gelauert hatte und fingerte ihrem
unrühmlichen Abgang eine lange Aase nach, wohl nicht mit Anrecht;
denn diese Dvktores waren arge Ignoranten und hatten sich nicht ent-
blödet, hinten herum sich lRates zu erkaufen bei Dhsriakskrämern, Scharf-
richtern, Totengräbern, Sauschnittern, Kesselflickern, bei irgendwelcher

Prof. Boerhaov e

alten Dunzell und triefäugigen Vettel, und sonstwie bei heilkundigen,
besser heilschundigen Landfahrern aller Art.

Der Kurfürst wurde von der erlittenen Unbill kränker und kränker,
konnte zum Schlaf ksin Auge mehr schliehen und hatte Lobsuchtsanfälls,
die sich gleich einer Panik durch alle Aerven der Staatsverwaltung dem
Schloß. der Stadt und dem ganzen Fürstentum mitteilten. Der Leibarzt
überstand die Wutausbrüche seines Pfleglings in der Hosfnung, daß bald
der Rette: erscheinen müßte; denn es war ein Kurier abgegangen an den
berühmten Prvfessor Doerhaave von der Hohen Schule in Leyden. Boer-
haave kam mit dem Aplomb einer Autorität von europäischem Ansehen,
ja von Weltruf, nämlich sein Ruhm erfüllte schon allv fünf Zonsn der
Erde und ein Brief aus China mit der Adresse „An Herrn Boerhaave in
Europa" gelangte richtig in seine Hände.

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