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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 4.1928

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Reitz, Leopold: Der Kurfürst wird kurios kuriert
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https://doi.org/10.11588/diglit.29785#0025

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vom Mckele und dem Mundvorral aus dem Zwerchsack noch allerlöi
Äeuigkeiten aus, Lah der Rotlauf im Ort wär, daß der und jener nach
Amerika gegangen sei und daß die so und so hätte heiraten mllssen. Als
es schon gegen Morgen ging, gab er seine Pfeise dem Phillp in den Mund
und legte sich auf der Pritsche schlafen, während sich der Grenadier in
eine goldene Heimatseligkeit hineinschmauchte.

Bei Lagesanbruch kam ein Kammerdiener gelaufen und befahl
Doktor Groß zum Kurfürsten, der seinen iRetter augenblicklich zu sehen
wünschte. „Nur gemach", meinte Groh, „wenn er jetzt gesund ist, hat
es ja gar ksin Pressant", und erhob sich, daß die Pritsche ächzte. Wsil
keine Waschgelegenheit da war, lieh er sich vom Kammerdiener das Trink-
wasser in die Hände giehen, trocknete sich mit dem Schnupftuch ab, strählte
sich den Dart mit den fünf Fingern und ging dann mit. Zuvor hatte er
seinem Landsmann unter die gegipsten Ohrlocken geflüstert: „Stell den
Kuhsuh ins Eck und zieh öen Fastnachtskram aus!" Der wuhte aber
nicht, wie er die Demerkung nehmsn sollte.

Llm es kurz zu machen: der Kurfürst trat unserm Groh wie neu-
geboren entgegen, übecschüttete ihn mit Lobesworten aller Art und soll
ihm allen Ernstes nahegelegt haben, sein Leibarzt zu werden. Das hat
aber der Troß weit von sich gewiesen; denn, sagts er, wer soll in Lachsn
den Schweinerotlauf kurieren und die dämpfigen Pferd und die Geihen
von der Milzsucht. Das muhte dem Landesvater schon eingehen und er
hieh ihn eine Gunst sich ausbitten.

„Herr Kurfürst, laßt mich baldmöglichst mit eursm Fuhrwerk wieder
heimbringen, zum Marschieren ist's doch zu weit. Aber wenn ich etwas
bitten soll, dann laht den Grenadier, der euch den rechten Doktor verraten
hat, auf einen tüchtigen Llrlaub mitfahren. Sin Mädel hats Heimweh
nach ihm, und er hat noch fllnf Iahre auszuhalten. Er ist ein echtes
Dauernherz und fühlt sich nicht wohl im Gamaschendienst."

Der Grenadier wurde befohlen. Als ei:, gänzlich zu Respekt erstarrt,
den Dank des Kurfürsten für seinen heilsamen Einfall mit schwindslnöen
Sinnen angehört hatte, wurde er geheihen, am Sische Platz zu nehmen.
Das war such ein Essen, das nun selbdritt erfolgte, und das der Doktor
Groh und der Soldat mehr mit den Augen als mit dem Munde genossen,
aber wobei sich für den Arzt die völlige Genesung seines Patienten aufs
Lleberzeugendsts bestättgte.

Hierauf führte der Kurfürst den Doktor ans Fenster und zeigte in
den Hof hinunter, wo ein Landauer stand mit zwei prächtigen Braunen
davor: „Eh bien! kutschieren kann er selber. Das Fuhrwerk möchte seinen
Patienten auherorts zugute kommen."

Zu dem Soldaten gewandt, sagte er: „Er ist frei vom Militär, grüß
er sein Dräutchen vom Kurfürst", und schenkts ihm einen Deutel voll
Dukaten. Dor den Augen des Philpp hüpften die Deller auf dem Tisch,
und es war ihm wohl und weh zugleich.

Als der Doktor Groh und dsr Philpp aus Mannheim hinausfuhren,
krachten die Böller, die Kanonen machten bum, bum, bum und die
Glocken läutetsn ihnen heimwegs von allen Türmen. Dem Philpp klan-
gen sie wie Hcchzeitsglocken.

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