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Lehrs, Max [Hrsg.]
Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert (8, Textbd.): [Der Meister des Hausbuches und die oberdeutschen Stecher] — Wien, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.34743#0243
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DER MEISTER

229

NEUES TESTAMENT
2 CHRISTUS AM KREUZ
Der dornengekrönte Heiland mit sehr langem über die Schultern
herabfließendem Haar hängt mit halbgeschlossenen Augen, das Haupt
nach links senkend, an dem ägyptischen Kreuz: die Zipfel des Lenden-
tuches fallen schlaff hernieder, und das Blut strömt über Gesicht und
Brust, besonders aber aus Hand-, Fuß- und Seitenwunden in langen,
ununterbrochenen Streifen bis zum Boden herab. Der über dem
Kreuz auf einer Tafel befestigte Titulus trägt die zweizeilige lateinische
Majuskelinschrift
IHS - NASAREN9
REX-IVDEORVM.
Links steht Maria in ihren Mantel gehüllt mit gesenktem Haupt. Sie
faßt mit der linken Hand ihr Kopftuch und spricht, mit der rechten
gestikulierend, zu Johannes, der ebenfalls im Mantel mit gefalteten
Händen rechts steht und ihr das lockige Haupt zuwendet. Am Boden
Erdschollen, Grasbüschel und Blattpflanzen, rechts hinter dem Kreuz
Adams Schädel und links ein Knochen. Einf. Unbezeichnet.
161:113 mm. Einf.
H., N. N. I. 310. 73. - Zani II, 8 p. 62. VIII. - P. II. 220. 75. - Mitteilungen d. G. f.
v. K. 1923. p. 2. (Baumeister.)
Photographie von W. Hoffmann. (Dresden.)—Lichtdruck im Kat. Novak. (London.)
Aukt. Novak (Stuttgart 1904) 610 Mk. an Gutekunst, seit 1909 im British Museum.
DRESDEN (Ausgezeichnet. W. kleine Lilie.) — LONDON (Vorzüglich, aber rings bis
über die Einfassungslinie verschnitten und zu beiden Seiten des Titulus ergänzt. W. Buch-
staben-Fragment. Im Mai 1909 von Obach & Co. für 40 ^ erworben. S. Noväk.p
Passavant beschreibt dies in vieler Hinsicht hervorragende und interessante Blatt,
das Zani seltsamerweise für italienisch hielt, bei den Anonymen, scheint es aber nur
sehr flüchtig angesehen zu haben, da er es eine rohe Arbeit nennt und angibt, es sei
die Nachahmung eines Stiches vom Meister °(F °- Von beidem kann nicht die Rede
sein. Es handelt sich im Gegenteil um eine höchst eigenartige und charakteristische
Arbeit des Meisters dem ich das schöne Blatt bisher zwar noch keine Gelegen-
heit zuzuschreiben hatte,2 zu dessen Stichen ich es aber schon bei der N^uaufstellung
1 Das Exemplar stammte nicht aus dieser 1904 bei Gutekunst versteigerten Prager
Sammlung, sondern war offenbar nur von Obach derselben beigefügt worden, da er es
schon im September 1902 dem Dresdner Kabinett für 35 ^ angeboten hatte.
2 H. G. Gutekunst erwähnt im Katalog Novak unter Nr. 1279 erstmalig meine Ansicht.

Taf. 229 Nr. 551
 
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