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Das Mittelalter. Gotisches Gerät.

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Sehr auffallend sind die Darstellungen des Deckels, Rund-
felder mit Einzelfiguren, welche direkt auf die römische Antike
zurückgehen und wahrscheinlich geschnittenen Steinen ent-
lehnt sind. In den Zwickeln stehen zweimal zwölf tanzende
und musizierende Figürchen, in denen man ebenfalls antiken
Einflufs vermuten möchte. Daneben tragen die Füllungen der
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Zwickel, in Grubenschmelz ausgeführt, noch romanischen Cha-
rakter. Die sitzende Figur eines Kaisers, ursprünglich wohl auf
dem Deckel, ist jetzt im Innern angebracht. Die Herkunft


Schale.

Deckel.

Teile des Kaiserpokals von Osnabrück.

dieses in Form und Einzelheiten ganz einzig dastehenden
Bechers ist leider nicht zu ermitteln.
In der Periode der entwickelten Gotik erstarkt das welt-
liche Element in der Kunst. Die Fürstengeschlechter haben
ihren Besitz erweitert und befestigt, vor allem aber erwächst
in den aufblühenden Städten ein reiches und mächtiges Ele-
ment, welches Gemeinwesen und Haus reich und behaglich
zu schmücken trachtet. Diese eigentümliche bürgerliche Ent-
wickelung des XV Jahrhunderts, auf welcher die Mehrzahl
des noch erhaltenen Besitzes an deutschen Goldschmiede-
arbeiten beruht, ist aber nicht an die Kunstform der Gotik
gebunden, sondern kommt gerade in der Renaissancekunst
des XVI Jahrhunderts zu vollem Glanz. Wir werden daher
die Zweckbestimmung der uns erhaltenen weltlichen spät-
gotischen Silberarbeiten und die hieraus sich ergebenden
Eigentümlichkeiten derselben im Zusammenhang mit dem
Renaissancegerät desselben Gebietes zu besprechen haben.
Lessiug, Gold und Silber. 4
 
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