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Barock und Rococo

I23

Barock, Rococo und Neuzeit.

Die Kunstübung der Barockperiode setzt sich nicht mit
fester Grenze gegen die Spätrenaissance ab. Die über-
schwenglichen Formen, welche wir als barock bezeichnen,
die in Italien, in Michel Angelos Kunstweise wurzelnd, sich
bereits um die Mitte des XVI Jahrhunderts melden, sind nach

Deutschland erst gegen Ende
gedrungen und haben auch
damals zunächst nur von der
Architektur und der architek-
tonischen Plastik und Malerei
Besitz ergriffen, ohne die zähe
Ueberlieferung des Kunsthand-
werkes sofort zu überwinden.
Eine Art von Scheide bildet der
Dreifsigjährige Krieg, welcher
die Kunstübung zwar nicht
völlig aufhören machte, aber
sie doch vielfach unterbrach,
und der vor allem den alten
Bestand von Silber- und Gold-
gerät stark angriff, so dafs nach
Wiederkehr ruhiger Zustände
aller Orten Neues geschaffen
werden mufste, das sich nun-
mehr leichter einer neuen Ge-
stalt anbequemte.
Sehr merkbar sind äufsere
Einflüsse, zunächst der Einflufs
der Niederlande, wo man
sich im XVII Jahrhundert das

des XVI Jahrhunderts vor-


Barockvase. Ornamentstich von Giardini.
Rom 1714.

italienische Formenschema in der Architektur und dem Möbel-
wesen auf heimatliche Bedürfnisse zurecht gestutzt hatte und
auch in der Gefäfsbildnerei von der Tradition absah und sich
handliche Grundformen von einfachen, nicht immer anmutigen,
oft sogar schweren Umrissen schuf. Noch stärker als mit den
Formen ist der Bruch mit dem Ornament der Renaissance.
An die Stelle desselben treten willkürliche Bildungen, wie das
erwähnte Knorpelornament, Einflüsse von China, vor allem
aber die Liebhaberei für die Blumen. Die Blumenzweige
behalten in den Silberarbeiten jener Zeit noch die Führung
der antiken Akanthusranke und ordnen Stengel und Laub in
rhythmischer Folge ohne Berücksichtigung des natürlichen
Wachstums, aber die Blüten selber wachsen über das Orna-
 
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