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I2Ö Die Arbeiten in geschichtlicher Folge
Silbergerät des XVIII Jahrhunderts, vor allem das Silbergerät
des Rococo in den öffentlichen Sammlungen, sehr selten. Als
die französische Revolution und die darauf folgenden Krieges-
nöte einbrachen, waren die Formen des Rococo als die zu-
nächst überwundenen am wenigsten geschätzt, und so wurde
aller Orten zunächst das Silberzeug dieser Periode geopfert.
Das Silber, welches Ludwig XIV in unendlichen Mengen an-
schaffen liefs, ist von ihm selbst wenige Jahre später einge-
schmolzen. Zentnerweise ist das Silber und das ganze goldene
Service aus dem Berliner Schlofs am Ende des Jahrhunderts in
die Münze gewandert. Dagegen sind naturgemäfs die Orna-
mentstiche jener Zeit und auch Originalzeichnunffen der
Künstler in grolser Menge vorhanden. Die ersteren besitzt die
Ornamentstich-Sammlung des Museums in seltener Vollständig-
keit, von den letzteren ist aus französischen Bibliotheken
vieles veröffentlicht.
Die Formen der Geräte.
Die Zeit des Barock und des Rococo hängen in der Silber-
arbeit noch enger zusammen als in der Architektur und Malerei,
da die Bedürfnisse in diesen Zeitläufen nahezu dieselben
bleiben. Das reine Silber tritt in den Vordergrund; das Sil-
ber bleibt der Zweckmäfsigkeit wegen für Gebrauchsgerät in
der Kirche und bei der Toilette vergoldet, für Schaugerät und
auch für Tischgerät herrscht die weifse Farbe des Silbers,
welche auch nicht durch Teilvergoldung belebt wird. Der
Schmuck der Schmelzfarben beschränkt sich auf kleine Ein-
sätze, die Bemalung mit Lackfarben ist völlig abgestreift.
Die Folge davon ist die stärkere Belebung der Formen in
Windungen und scharfen Einschnürungen auf malerische
Wirkung hin; das Ornament wird voller und beansprucht
selbständige künstlerische Bedeutung. Zu den farbigen Zu-
sätzen, welche verschwinden, gehören auch die Halbedelsteine.
Der Bergkristall ist durch die Erfindung des harten Kristallglases
entwertet und wandert an die Kronleuchter, und da mit ihm
der eigentliche Stamm für die handwerkliche Uebung fort-
fällt, so können sich die übrigen sonst benutzten Steinarten
nicht mehr halten. Die früher hochgeschätzten seltenen Mate-
rialien, Straufseneier, Kokosnüsse, sind keine Seltenheit mehr
— es müfste denn ein in Deutschland gelegtes Straussenei sein,
wie das in Gold gefasste des Grünen Gewölbes — ihre Ver-
arbeitung sinkt zu einem spielenden Betrieb herab. Dagegen
bringt das XVII Jahrhundert das Elfenbein in Aufnahme.
Das Elfenbein war bis zur Eröffnung der grofsen Handelsver-
bindungen mit Asien so kostbar, dafs es in Europa nur in dünnen
Platten als Belag verarbeitet wurde. Durch die holländischen
 
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