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Martin, Rudolf
Lehrbuch der Anthropologie in systematischer Darstellung: mit besonderer Berücksichtigung der anthropologischen Methoden ; für Studierende, Ärzte und Forschungsreisende ; mit 460 Abbildungen im Text, 3 Tafeln und 2 Beobachtungsblättern — Jena, 1914

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.37612#0606
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Kraniologie.

auch nachträglich auf Grund der ausgeführten direkten Messungen
die wichtige Mediansagittal-Kurve rekonstruieren ').
Auf einer Horizontalen (Fig. 231) wird von einem Punkte (Na-
sion) aus der Nasion-Bregma-Winkel (zur Ohraugen-Ebene) und die
Frontalsehne abgetragen, wodurch das Bregma bestimmt ist. Das
Basion wird mittels des Nasion-Basion-Winkels und der Schädelbasis-
länge oder der Basion-Bregma-Höhe gefunden. Parietalsehne und Na-
sion-Lambda-Linie bestimmen das Lambda, Occipitalsehne und Basion-
Opisthion-Linie das Opisthion. Zur Zeichnung der Mediansagittal-
Kurve in ihren Krümmungsverhältnissen muß man vorher auch die
halben Frontal- und Parietalsehnen gemessen haben (Meßpunkt in der
Mitte des jeweiligen Bogens liegend, mit dem Bandmaß leicht fest-
zustellen) und trägt nun diese Distanzen auf, wodurch die Wölbung
ziemlich sicher festzustellen ist. Das Inion wird durch die Maße
Lambda-Inion und Opisthion-Inion oder Nasion-Inion gefunden. Das
Porion ist durch die Ohrhöhe gegeben und eine durch diesen Punkt
parallel zur Ausgangshorizontalen gelegte Linie ist die Ohraugen-Linie.
Auch das Gesichtsprofil kann rekonstruiert werden, und zwar
durch die Maße Nasion-Prosthion, Basion-Prosthion, Nasion-Sub-
spinale und die Profilwinkel (AVACKER).
Eine Methode zur Konstruktion der Norma facialis und verti-
calis, die aber ziemlich kompliziert ist und außerdem die Abnahme
vieler und zum Teil wenig gebräuchlicher Alaße erfordert, hat PvR-
soNs (1911) vorgeschlagen.

C. Kranioskopische Technik.
Eine Reihe von Eigentümlichkeiten im Bau des Schädels, die
durch die kranio metrischen Methoden leicht festzulegen sind,
können mit größerer oder geringerer Genauigkeit auch schon durch
einfache Betrachtung erkannt werden, andere Merkmale dagegen sind
ausschließlich beschreibender Natur und nur durch Kranio skopie
festzustellen.
ln die erstere Gruppe gehört vor allem das Studium der allge-
meinen Schädelform, wie sie sich in den verschiedenen Normen
dem Auge darbietet. Alan braucht keine Durchmesser zu nehmen, um in
ausgesprochenen Fällen den Schädel, besonders in der Norma verticalis,
als brachykephal oder dolichokephal zu erkennen. Daß derartige Be-
trachtungen durch die Herstellung von Kraniogrammen bedeutend an
Sicherheit gewinnen, versteht sich von selbst. Da nun, wie oben aus-
geführt, zwei senkrecht aufeinanderstehende Durchmesser nur die
allgemeine Ausdehnung, nicht aber die Konturform eines bestimmten
Schädelschnittes geben können, so ist von manchen Seiten die Alessung
überhaupt verworfen und das ganze Studium des Schädels mehr oder
weniger ausschließlich der Kranioskopie zugewiesen worden.
Am bekanntesten, aber fast ausschließlich nur in Italien verbreitet,
ist die sogenannte tassonomische Methode von G. SERGi, die
zugleich ein natürliches System der Schädelformen darstellen soll. Sie
1) JARRICOT (1907) zeichnet mittels eines Epigraphen bestimmte Linien auf
den Schädel und erhält durch Messung und Konstruktion schließlich ein Bild der
Mediansagittal-Kurve, an dem dann weitere Messungen vorgenommen werden
können.
 
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