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Martin, Rudolf
Lehrbuch der Anthropologie in systematischer Darstellung: mit besonderer Berücksichtigung der anthropologischen Methoden ; für Studierende, Ärzte und Forschungsreisende ; mit 460 Abbildungen im Text, 3 Tafeln und 2 Beobachtungsblättern — Jena, 1914

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.37612#0703
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E. Gehirnschädel als Ganzes.

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nähert^). Demgemäß ist auch die Verteilung der individualwerte einer
Reihe bei den beiden Geschlechtern etwas verschieden. Die Ursache
dafür ist wohl im allgemeinen vorwiegend in einer geringeren Länge
des weiblichen und einer geringeren Breite des männlichen Schädels
zu suchen-). Da nun aber mit abnehmender Länge der Index an sich
schon steigen muß, wie oben gezeigt wurde, und da ja außerdem
eine Korrelation zwischen absoluter Kopflänge und Körpergröße be-
steht, so läßt sich die ganze sexuelle Differenz des Längenbreiten-
Index vielleicht aus dieser doppelten Korrelation verstehen. Vgl. dazu
auch JonANNSEN (1907). Ueber die Veränderung des Längenbreiten-
Index während des Wachstums siehe S. 605.
Was die Mesokephalie anlangt, so hat man dieselbe gelegent-
lich als eine Schädelform bezeichnet, die aus einer Mischung von
Lang- und Kurzköpfen hervorgegangen sein soll. Familienunter-
suchungen widerlegen diese Annahme durchaus, denn bei verschiedener
Schädelform der Eltern treten in der Aszendenz keine Zwischen-
formen auf, sondern die einzelnen Kinder besitzen die Schädelform
entweder des einen oder des anderen Elters ohne Rücksicht auf das
Geschlecht, oder es finden Rückschläge auf frühere Generationen statt,
denn es ist sehr wahrscheinlich, daß sich auch die Kopfform im Sinne

MENDELSchen
Regeln
vererbt
(FISCHER
1913).
Längenbreiten-
Index des
Kopfes
Eltern
Kinder . ,
Autor
3
4
3
4
W eißrussen
81,5
82,3
82,6
83,8 RüSHDESTWENSKY
Großrussen
83,0
83.3
83,4
83,6 GALAi
Kalmücken
81.1
82,6
80.3
81,0 KüROLEW
Nordamerikaner 80,5
80,8
81,5
81,5 BoAs

Ebenso hat PEARSON bei seinen Familienuntersuchungen für den
Längenbreiten-lndex einen Korrelationskoeffizienten von durchschnitt-
lich 0,5 gefunden, der demjenigen anderer Merkmale gleichkommt
und somit durchaus zugunsten einer strengen Erblichkeit der Kopf-
form spricht.
Natürlich wiederholt sich in den einzelnen Familien die Schädel-
form nicht genau mit derselben Indexzahl, sondern die Variabilität
des Kopfindex der Kinder einer Familie ist um so größer, je größer
die Differenz in der Kopfform der Eltern ist (Boxs 1903 u. 1913).
Ganz entsprechend verhält sich die Variabilität auch in größeren Be-
völkerungsgruppen. In Italien ist die Variabilität des Längenbreiten-
lndex des Kopfes im Norden und Süden gering, in den zentralen
Provinzen aber, wo die beiden verschiedenen Kopfformen (s. S. 679)
Zusammentreffen, viel größer. Würde aus der Mischung ein mittlerer
Typus resultieren, so müßte die Variabilität eine viel geringere sein,
als sie tatsächlich gefunden wird (FR. u. H. Boxs 1913). Ebenso ist
bei den Alaska-Eskimo, die aus einer Mischung langköpfiger öst-
licher Eskimo und kurzköpfiger nordwestamerikanischer Indianer
1) Nui'wenige Beobachter (BnocA, TopiXARD, WELCKER, GiUFFRiDA-RuGGERi)
sind an ihrem Material zu einem anderen Resultat gekommen.
2) AlANOUVRiER hat berechnet, daß die Dicke des Os frontale und der Glabella
beim 3 (Pariser) im Mittel 13 mm, beim $ nur 8 mm beträgt, während am Opistho-
kranion und im Gebiet der Eurya die sexuelle Differenz nur gering ist
 
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