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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 10.1967

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Nr. 4
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Papenhoff, Heinz: Neue Stundentafeln auf der Mittelstufe der altsprachlichen Gymnasien in Niedersachsen
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https://doi.org/10.11588/diglit.33074#0060

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klasse teilnimmt. Viel wird darauf ankommen, diese Neugierde zu wecken und zu er-
halten. Dazu ist Attraktivität des Unterrichts notwendig. Wer von uns eine sicher über-
durchschnittliche Mühe nicht scheut, auf Zensurgewalt und Hausarbeitszwang nicht
angewiesen ist und sein Verhältnis zu Griechenland nicht nur der Universitätsphilologie
verflossener Jahre verdankt, sollte einmal wöchentlich in einer allgemein zugänglichen
Randstunde möglichst vielen Untertertianern seiner Schule dauerhafles Interesse am
Griechischen einzuflößen versuchen.

Ein Lehrbuch für griechische Schriftkunde hatbisher nur derBayerischeSchulbuchverlag
(Organon, vgl. die Rezension von OStR Dr. Knoke/Osnabrück in diesen „Mitteilungen“).
Die „Westentaschensystematik“ dieses Buches ist fiir niedersächsische Verhältnisse kaum
empfehlenswert. Was ein Perispomenon, was dagegen ein Properispomenon sei, braucht
bei uns auch der Primaner nicht zu wissen. Dagegen sind die mythologischen und archäolo-
gischen Anregungen des Buches zu beachten. Erwiinscht wären ausreichende Ausblicke
auf das Griechenland von heute und auf die Geschichte auch im Mittelalter und in der
Neuzeit.

Im griechischen Schriftkundeunterricht soll - so wird im Kultusministerium mit Nach-
druck erklärt - auf Hausaufgaben, Klassenarbeiten und Zeugniszensuren verzichtet wer-
den; lediglich die Bemerkung „teilgenömmen“ ist vorgesehen. Der Unterricht soll frei-
gehalten werden von Zwang, Nervosität und Prüfungspsychose; er soll auch nicht
ausarten in sture Paukerei. Allein deshalb wird man nicht das ganze Jahr hindurch in
jeder Stunde nur Buchstaben malen und Wörter buchstabieren lassen. Ich selbst habe auf
die griechische Buchstabenlehre und auf die orthographische Aneignung etlicher Eigen-
namen unter Einschluß von Akzent- und Spirituslehre niemals mehr als 15 Stunden
verwendet. Es bleibt also die Zeit von ca. 20 Stunden übrig, in der aber nicht schon
Übungsbuchlektionen behandelt werden sollen. Hier ist den Dingen Raum und Zeit ge-
lassen, die den Neigungen der Schüler und des Lehrers entgegenkommen. Sie seien hier
den Vorstellungn im Kultusministerium entsprechend angedeutet:

Viele von uns sind allein oder mit Klassen in Griechenland gewesen und können ihre
Reiseeindrücke und -erlebnisse durch Diapositive oder Filme illustrieren. Griechische
Briefmarken, Eintrittskarten, Zeitungen etc. verlocken zum Buchstabieren, Lesen und
ggf. zum Erraten oder Übersetzen.

Gustav Schwabs Sagen des klassischen Altertums stehen längst nicht mehr in jedem
Kinderzimmer. Der Griechischunterricht in Klasse 8 sollte in altersgemäßer Form aus
dem Bereich der griechischen Mythologie anbieten und bereitstellen, was die Schüler
interessiert und in gewissem Maße der Tragiker- und Homerlektüre späterer Jahre
dienlich sein kann.

Parallel zum Geschichtsunterricht der 8. Klasse könnte im Vorgriechischen die Ge-
schichte Griechenlands zur Zeit der Byzantiner, Franken, Türken, Venezianer und viel-
leicht auch der Bayern behandelt werden. Dabei sollte nicht Systematik erstrebt werden,
sondern eine Beleuchtung einzelner Phasen und Epochen, die reizvoil oder wichtig sind.

Es Iäßt sich kaum bestreiten, daß das Vorgriechische mit seiner behutsammen Vorbe-
reitung auf umfangreiche Aufgaben interessant zu werden verspricht für Lehrer und
Schüler, und es ist sehr erwünscht und wohl auch notwendig, daß bald in einem Lehrgang
Erfahrungsberichte und neu sich ergebende Möglichkeiten ausgetauscht werden. (Seine
Abrundung sollte dieser Lehrgang durch Auseinandersetzungen mit den neuen nieder-
sächsischen Richtlinien erfahren.)

Interesse an der griechischen Schriftkunde hat nichts zu tun mit Freude über die Ver-
wirklichung des Hamburger Abkommens; reizvoll ist ja gerade das, was im Hamburger
Abkommen nicht vorgesehen ist: Griechisch - wenn auch unter anderen Gesichtspunkten
als bisher und in geringerem Umfang - auch künflig in Klasse 8.

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