Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 13.1970

DOI Heft:
Nr. 2/3
DOI Artikel:
Schirnding, Albert von: Menander in der Schule: Literatur zur Behandlung des 'Dyskolos'
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33063#0052

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Den Gestus der Menandrischen Sprachmelodie trifft meiner Empfindung nach die
Prosaübersetzung von W. Kraus (Lit. Verz. 3) am besten. Wir verwenden sie, wenn
wir größere Abschnitte des originalen Textes überbrücken oder einen Akt uns noch
einmal im ganzen vergegenwärtigen. Für eine abschließende zusammenhängende Lek-
türe mit verteilten Rollen empfiehlt sich die freie, aber sehr geschmeidige, elegante
Übertragung von O. Vicenzi (Lit. Verz. 4). Schließlich sollte sich der Lehrer Anregun-
gen aus der Übersetzung von M. Treu (Lit. Verz. 5) holen.
Aus der Fülle der Sekundärliteratur seien drei Werke ausgewählt, die meines Er-
achtens für die Arbeit im Unterricht besonders brauchbar sind. An erster Stelle nenne
ich den wissenschaftlichen Kommentar von F. Stoessl (Lit. Verz. 6). Er bietet zu beinahe
jedem Vers der Komödie eine ausführliche Diskussion des Problems der Textgestaltung,
alle nur denkbaren sachlichen Erläuterungen und wertvolle Hinweise zur Interpretation.
Die zitierten Parallelstellen gehen in die Hunderte. Besonders wichtig für den Lehrer
sind die präzisen Regiebemerkungen; denn die Schüler sollen das Stück ja so anschau-
lich wie nur möglich erleben.
Als Beispiel diene der Kommentar zu Vers 81: Zunächst wird das Auftreten des
hereinstürzenden Sklaven genau lokalisiert; es folgt eine konzentrierte kleine Abhand-
lung über die Komödienfigur des ,servus currens' mit einem Überblick über die ver-
gleichbaren Stellen in der lateinischen Komödie und die einschlägige Sekundärliteratur;
nun wird die originelle Gestaltung durch Menander von der Clichehaftigkeit der
lateinischen Darstellung abgehoben. Schließlich gibt Stoessl einen zum Verständnis des
ganzen Stücks sehr wesentlichen Hinweis zum Mechanismus, auf dem die Komik der
durch diesen Vers eingeleiteten Szene beruht.
Die Übersichtlichkeit des Kommentars ist vorbildlich. Die Verse sind in kleine
Gruppen gegliedert, die jeweils durch fettgedruckte Zahlenüberschriften gekennzeichnet
sind. Unter der Überschrift ist wieder jeder Vers deutlich abgehoben. Ein einleitendes
Kapitel informiert genau über den Erhaltungszustand des Papyrus, über den Titel, die
Hypothesis, die Didaskalie und das Personenverzeichnis. Ein Namen- und Sachregister
sowie ein Wörterverzeichnis steigern die Verwendbarkeit des Kommentars noch be-
trächtlich.
Das Buch von Armin Schäfer (Lit. Verz. 7) bildet zu Stoessls Werk eine notwendige
Ergänzung. Denn während dort die einzelne Stelle nach allen Seiten abgeleuchtet wird,
sind hier die größeren strukturellen Zusammenhänge und die übergreifenden Gesichts--
punkte der Handlung Gegenstand der Untersuchung. Für die ,Auswertung' des ,Dys-
kolos' im Unterricht kommt es aber gerade darauf an, daß die zunächst genau be-
trachteten Einzelstellen in höheren Einheiten aufgehen. Schäfer gibt eine ebenso klare
wie sensible Würdigung der Struktur des Stückes, dessen Kunst ja vor allem in der
interessanten Verbindung von Charakterkomödie und Liebesintrige liegt. Einzelinter-
pretationen gelten dem 1. Akt, der Peripetie und dem durch die angehängte Schluß-
szene besonders merkwürdigen 5. Akt.
Für die inhaltliche Interpretation, vor allem aber die Einordnung der philosophi-
schen und soziologischen Position Menanders in den großen geistesgeschichtlichen Zu-
sammenhang liefert der von Fr. Zucker herausgegebene Sammelband: „Menanders
Dyskolos als Zeugnis seiner Epoche" (Lit. Verz. 8) eine Fülle überaus instruktiver
Beiträge. Als hervorragendes Beispiel sei der knappe Aufsatz von R. Schottlaender
„Menanders Dyskolos und der Zusammenbruch der Autarkie" erwähnt.
Abschließend möchte ich stichwortartig die Themen zusammenstellen, die bei der
Interpretation des ,Dyskolos' in der Schule die Schwerpunkte bilden werden und für
deren Behandlung die angeführten Werke sowohl dem Lehrer eine wertvolle Hilfe
bieten als auch eine arbeitsunterrichtliche Verwendung finden können (Schülerreferate!).
1. Religiosität. Pan als Regisseur der Handlung. Knemons Kritik an der kultischen

28
 
Annotationen