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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0014
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Inwieweit diese ideelle Vorstellung einer gemeinsamen Herrschaft des Königs-
paares, wie sie das hochmittelalterliche Bildprogramm und der auch im Spätmittel-
alter nach wie vor präsente consorhMm-Gedanke zu implizieren scheinen, in die poli-
tische Praxis umgesetzt wurde, soll Gegenstand der folgenden Untersuchung sein.
Zu fragen ist dabei, auf welche Weise und im welchem Ausmaß die Königin am po-
litischen Leben teilnahm und dieses mitbestimmte.
Die Fragestellung ist grundsätzlich nicht neu. Sie wurde bereits für kleinere
Zeiträume und einzelne Herrscherhäuser thematisiert, wobei der Forschungs-
schwerpunkt bislang im frühen und hohen Mittelalter liegt. In Fortsetzung der erst-
mals 1903 publizierten Studie von Siegmund Hellmann zu den »Heiraten der Karo-
linger«^, in der dieser neben den politischen Motiven für karolingische Ehe-
schließungen und den verschiedenen Eheformen auch die politische Stellung und
den Einfluß von Königinnen und Königinnenwitwen skizziert hatte, legten Max
Kirchner 1910^ und Wolfgang Kowalski 1913^ Studien zu den Königinnen und Kaise-
rinnen vom 10. Jahrhundert bis zum Ende des Interregnums in der Mitte des 13. Jahr-
hunderts vor, die freilich in vielerlei Hinsicht veraltet sind. Ausgehend von den Bio-
graphien der einzelnen Persönlichkeiten, wurden außer der Heiratspolitik und den
Krönungen in sehr verkürzter Weise auch einige Aspekte zur rechtlichen und mate-
riellen Stellung der Königinnen sowie deren politischer Tätigkeiten stichwortartig
benannt. Dabei kam Kirchner für das 10. und 11. Jahrhundert zu dem Ergebnis, daß
den Kaiserinnen »hohe politische Bedeutung« zukam, und sie »keinem Gebiet... po-
litischer Betätigung ... gänzlich fern«s standen. Für das 12. Jahrhundert und die erste
Hälfte des 13. Jahrhunderts formulierte Kowalski hingegen einen dazu konträren
Schluß: »So sehen wir die Kaiserinnen der Stauferzeit in Deutschland kaum selbstän-
dig an der Regierung ihrer Gatten teilnehmen: weder auf die innere noch auf die
äußere Politik wurde ihnen von den Kaisern ein großer Einfluß gestattet«^.
Diese Feststellungen bestätigte in gewisser Weise auch Thilo Vogelsang in sei-
ner vielzitierten begriffsgeschichtlichen Arbeit zur cowsors rggnz'-FormeF°. Nimmt

SCHREINER, Bd. 2 (1991) Abb. 4 S. 169. - Zur Bedeutung der Herrscherbilder als Ausdruck der
sakralen Legitimation ottonisch-frühsalischer Herrschaft vgl. bes. Hagen KELLER, Herrscher-
bild und Herrschaftslegitimation. Zur Deutung der ottonischen Denkmäler, FMSt 19 (1985)
S. 290-311 und Stefan WEiNFURTER, Sakralkönigtum und Herrschaftsbegründung um die Jahr-
tausendwende. Die Kaiser Otto III. und Heinrich II. in ihren Bildern, in: Bilder erzählen Ge-
schichte, hg. von Helmut ALTRICHTER (1995) S. 47-103. Aus kunsthistorischer Sicht vgl. jetzt
auch Joachim OTT, Krone und Krönung. Die Verheißung und Verleihung von Kronen in der
Kunst von der Spätantike bis um 1200 und die geistige Auslegung der Krone (1998) und Gu-
drun PAMME-VoGELSANG, Die Ehen mittelalterlicher Herrscher im Bild. Untersuchungen zu
zeitgenössischen Herrscherpaardarstellungen des 9. bis 12. Jahrhunderts (Forschungen zur Ge-
schichte der älteren deutschen Literatur 20,1998).
5 Siegmund HELLMANN, Die Heiraten der Karolinger (1903), nachgedruckt in: DERS., Ausgewähl-
te Abhandlungen zur Historiographie und Geistesgeschichte des Mittelalters, hg. von Helmut
ßEUMANN (1961) S. 293-391.
6 Max KIRCHNER, Die deutschen Kaiserinnen in der Zeit von Konrad I. bis zum Tode Lothars von
Supplinburg (Historische Studien 79,1910).
7 Wolfgang KowALSKi, Die deutschen Königinnen und Kaiserinnen von Konrad III. bis zum Ende
des Interregnums (1913).
8 KIRCHNER, Kaiserinnen S. 127f.
9 KowALSKi, Königinnen S. 121.
10 Thilo Vogelsang, Die Frau als Herrscherin im hohen Mittelalter. Studien zur »consors regni«
Formel (Göttinger Bausteine zur Geschichtswissenschaft 7,1954).

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