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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0015
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man deren Verbreitung in den Quellen gleichsam als Maßeinheit und Spiegelbild
für den Einfluß der Königin auf die Politik, dann könne nur für das 10. und die erste
Hälfte des 11. Jahrhunderts von einer tatsächlichen Mitherrschaft der Königin die
Rede sein. Bereits die durch den sogenannten Investiturstreit im 11. Jahrhundert
ausgelösten Krisen hätten dann begonnen, »innenpolitisch die consors-Stellung der
Herrscherin mehr oder weniger in Frage zu stellen« V Im 12. Jahrhundert schließlich
habe das Ideal der cousors mgnz nur noch »mit Richenza eine Annäherung an die po-
litische Wirklichkeit zu erreichen« vermocht und in spätstaufischer Zeit sei es
schließlich zur »Bedeutungslosigkeit« herabgesunkenH Diese Bewertung prägt die
Vorstellung von der politischen Stellung der Königin bis heute. So findet sich auch
in der fünften Auflage der Gesamtdarstellung von Edith Ennen über »Frauen im
Mittelalter« aus dem Jahre 1994 die Einschätzung, Kaiserin Richenza (1125-1137) sei
»die letzte bedeutende consors mguz« gewesenW
Abgesehen von einer Vielzahl mehr oder weniger umfangreicher Biographien
zu verschiedenen Königinnen^, wobei vor allem die als bedeutend und einflußreich
geltenden Persönlichkeiten immer wieder und gerade in neuerer Zeit durch die Per-
spektive der Women and Gender Studies^ in den Mittelpunkt gerückt wurden, fehlt
bislang eine sowohl das hohe als auch das späte Mittelalter in den Blick nehmende
Analyse des komplexen Phänomens »Frauen und Macht«.
Im Gegensatz dazu hat die literaturwissenschaftliche Forschung in den letzten
Jahren damit begonnen, die politischen Möglichkeiten und rechtlichen Grundlagen
von Frauen in den verschiedenen Textsorten zu beleuchten. Die Defizite werden
aber oftmals gerade dort deutlich, wo es um die entsprechende Bewertung im Ver-
gleich mit historischen Realitäten gehtW Dies zeigt einmal mehr die Notwendigkeit,

11 VocELSANG, Frau als Herrscherin S. 57.
12 VoGELSANG, Frau als Herrscherin S. 86 und neuerdings Kurt-Ulrich JÄSCHKE, From Famous Em-
presses to Unspectacular Queens: The Romano-German Empire to Margaret of Brabant, Count-
ess of Luxemburg and Queen of the Romans (d. 1311), in: Queens and Queenship in Medieval
Europe. Proceedings of a Conference held at King's College London April 1995, hg. von Anne
J. DuccAN (1997) S. 75-108.
13 Edith ENNEN, Frauen im Mittelalter pl994) S. 129.
14 Neuerdings Karl ScHNiTH (Hg.), Frauen des Mittelalters in Lebensbildern (1997) mit einer Reihe
von Portraits römisch-deutscher Königinnen.
15 Zum Stand der vor allem im anglo-amerikanischen Raum explosionsartig angestiegenen For-
schung seien stellvertretend nur ganz wenige neuere Titel angeführt, die jeweils auf die ein-
schlägige Literatur verweisen: Weibliche Lebensgestaltung im frühen Mittelalter, hg. von Hans
Werner GoETZ (1991); Hedwig RÖCKELEIN, Historische Frauenforschung. Ein Literaturbericht
zur Geschichte des Mittelalters, HZ 255 (1992) S. 377-409; Georges DuBY, Michelle PERROT, Ge-
schichte der Frauen, Bd. 2: Mittelalter, hg. von Christiane KLAPiscH-ZuBER (1993); Hans-Wemer
GoETZ, Frauen im frühen Mittelalter. Frauenbild und Frauenleben im Frankenreich (1995) bes.
S. 13-68; Frauen-Beziehungsgeflechte im Mittelalter, hg. von Hedwig RöcKBLEiN und Hans-
Wemer GoETZ (Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung Bd. 1, Heft 2,1996); In-
grid BAUMGÄRTNER, Eine neue Sicht des Mittelalters? Fragestellungen und Perspektiven der Ge-
schlechtergeschichte, in: Wozu Historie heute? Beiträge zu einer Standortbestimmung im fach-
übergreifenden Gespräch, hg. von Amalie FössBL und Christoph KAMPMANN (Bayreuther
Historische Kolloquien 10,1996) S. 28M4.
16 Vgl. etwa Monika LoNONER, Eheauffassung und Darstellung der Frau in der spätmittelalterli-
chen Märendichtung. Eine Untersuchung auf der Grundlage rechtlich-sozialer und theologi-
scher Voraussetzungen (1973); Eva SCHAUFELE, Normabweichendes Rollenverhalten: Die
kämpfende Frau in der deutschen Literatur des 12. und 13. Jahrhunderts (Göppinger Arbeiten
zur Germanistik 272,1979); Petra KELLERMANN-HAAF, Frau und Politik im Mittelalter. Untersu-

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