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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0049
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Wipo Schwierigkeiten an, die zu einer Verzögerung ihrer Krönung führten^. Den-
noch fanden die Krönungen beider Königinnen aber auch nicht um so viel später
statt, als daß für diesen kurzen Zeitraum nicht auch die Königskrönungen aufzu-
schieben gewesen wären, wenn denn eine gemeinsame Krönung intendiert worden
wäre. Für Richenza läßt sich schließlich mangels Quellen nicht mehr entscheiden,
ob die getrennte Krönung tatsächlich durch die Umstände diktiert oder ob sie nicht
vielmehr aus Gewohnheitsrecht bewußt und gewollt herbeigeführt wurde.
Insgesamt ist somit durch die Überlieferungsform der Ordines nicht zu klären,
warum es im hohen Mittelalter ausschließlich getrennte Krönungstermine gegeben
hat, die dann seit dem Ende des 12. Jahrhunderts überwiegend durch gemeinsame
Krönungen des Königspaares abgelöst wurden, was sich, wie bereits festgestellt,
ebenfalls in den Ordines niedergeschlagen zu haben scheint. Denn auch eine als ei-
gene Feier abgehaltene Königinnen-Krönung hätte in den genannten Fällen in ei-
nem variabel denkbaren zeitlichen Abstand - unmittelbar anschließend, am folgen-
den Tag oder einige Tage später - am selben Ort wie die Königskrönung vollzogen
werden können.
Inhaltlich reduziert sich der Königinnen-Ordo im Mainzer Pontifikale auf die
wesentlichen liturgischen Akte von Weihe, Salbung und Krönung. Abgesehen vom
Aufsetzen der Krone rggaüs excgHenhae findet keine weitere Übergabe bestimmter
Insignien statt^°, was im Gegensatz zu historiographischen^ wie bildlichen Quel-
lerö^ steht, die der Königin als Zeichen der Herrschaft zudem ein Zepter in die
Hand geben.
Im Gegensatz zur Krönung des Königs, der durch seine Eidesleistungen einen
aktiven Part spielt, verharrte die Königin, über die Gebete gesprochen werden und
die gesalbt und gekrönt wird, in einer eher passiven Haltung. Ein ganz wesentlicher
Unterschied liegt darüber hinaus im Fehlen der Thronsetzung auf dem Stuhl Karls
des Großen, der sich zu einer eigenen herrschaftsbegründenden und rechtssymboli-
schen Handlung entwickelt hatte, die letztlich die Durchsetzung der Aachener Ma-

179 Zur Krönung Giselas S. 21-24.
180 Zum Insigniengebrauch im Mittelalter vgl. jetzt Jürgen PBTBRSOHN, Über monarchische Insigni-
en und ihre Funktion im mittelalterlichen Reich, HZ 266 (1998) S. 47-96.
181 Die zweite große Textlücke der Gesta Ottonis Hrotsvits von Gandersheim reicht von 957 bis zur
Kaiserkrönung 962, von der sich nur noch die in unserem Zusammenhang wichtige Zeile über
den Insignienschmuck Adelheids erhalten hat, die neben der Krone das Zepter getragen haben
soll: Ze^ne Jerens sceplrnm, capitis 41a&ma^Me pMlcUMm/ZhjMe sm' cUtus omnes re^ahs amlcfMS./Or-
natus sec? maion's SMScepz'f twnoris/ZMgMSto sammo panier mox con&eneA'cfa (v. 1479-1480 S. 227).
182 Wie Heinrich II. trägt auch Kunigunde auf dem Krönungsbild des Perikopenbuches ein Lilien-
zepter. Kaiserin Agnes trägt ein solches in der rechten Hand auf dem Widmungsbild im Evan-
geliar für Goslar (heute Universitätsbibliothek Uppsala), das einen übergroßen thronenden
Christus zeigt, der segnend seine Hände auf den Köpfen des Kaiserpaares Heinrich III. und
Agnes zur Rechten und Linken ruhen läßt. Die Bildüberschrift lautet: Per me regnanfes Huanf,
was die Regierungsgewalt beiden zuschreibt! - Auch auf Abbildungen von Krönungen franzö-
sischer Königinnen trugen diese das Zepter, so z. B. Jeanne de Bourbon (1338-1378, gekrönt
1364), vgl. Claire Richter SHERMAN, The Queen in Charles V's »Coronation Book«: Jeanne de
Bourbon and the »Ordo ad Reginam Benedicendam«, Viator 8 (1977) S. 255-298 mit Abb.; DiES.,
Taking a Second Look: Observations on the Iconography of a French Queen, Jeanne de Bourbon
(1338-1378), in: Feminism and Art History. Questioning the Litany hg. von Norma BROUDE and
Mary D. GARRARD (1982) S. 101-117; Anne D. HEDEMAN, Copies in Context: The Coronation of
Charles V in his Grammes CLrom'^Mes & France, in: Coronations. Medieval and Early Modern
Monarchie Ritual, hg. von Jänos M. BAR (1990) S. 72-87, Abb. 5.1 und 5.4.

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