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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0084
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Pfand für seine Schulden bei verschiedenen Städten einsetzte und monatelang auf
die Auslösung warten ließ^T Ihr Budget, das die modebewußte und verwöhnte
Mailänderin durch hohe Ausgaben für teure Kleidung und kostbare Schmuckstücke
nicht selten um ein Vielfaches überzog, trug dazu bei, daß sich ihre unfreiwilligen
Aufenthalte verlängerten. Andererseits haben sich Befehle Maximilians aus den
Jahren 1504 und 1505 erhalten, mit denen er wegen der schlechten Ausstattung der
Königin ihre Zusammenkunft mit französischen Gesandtschaften in Innsbruck ver-
hinderte. Als im Januar 1505 Bianca einige Tage früher in Innsbruck ankam, verlang-
te Maximilian, daß sie mit ihren Hofdamen für die Zeit bis zur Abreise der Franzo-
sen nach Sterzing umziehen solle, was ihr Hofmeister Niklas von Firmian mit der
Mitteilung an Maximilian zu verhindern wußte, daß den Damen angesichts fehlen-
der warmer neuer Winterkleider ein Umzug nicht zugemutet werden könnet
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die rechtlichen Möglichkeiten der
Königinnen über ihr Dotalgut im späten Mittelalter mehr denn je auf die Nutzungs-
rechte an den ihnen verpfändeten Besitzungen eingeschränkt waren. Diese wurden
jetzt in Form von Geldbeträgen konkretisiert, wobei darüber hinausgehende über-
schüssige Ertragsleistungen der jeweils zuständigen Kammer abzuführen waren.
Veräußerungen aller Art wie zum Beispiel Schenkungen, Verkäufe beziehungsweise
Gütertausch konnten nur in Absprache mit dem König vorgenommen werden, wo-
bei die für Barbara von Cilli bislang erkennbaren diesbezüglichen Transaktionen in
ihren Größenordnungen als exzeptionell anzusehen sind.
Aufgrund der zum Teil sehr unterschiedlichen Höhe der Dotierungen läßt sich
die für das hohe Mittelalter an der vergleichsweise gering ausgestatteten Kaiserin
Gisela und der reich dotierten Kaiserin Agnes exemplifizierbare These aufgreifen, daß
diejenigen, die einen regierenden König heirateten, sehr viel umfassender und reicher
ausgestattet wurden als ihre bereits bei der Königswahl verheirateten Vorgängerinnen
und Nachfolgerinnen. Dabei hat sicherlich die durch die jeweilige Braut eingebrachte
Mitgift sowie deren eigenes Erbe und das Verhandlungsgeschick ihrer Familie bei den
Eheabsprachen eine große Rolle gespielt: je größer das Erbe der Königin und die
Machtstellung ihrer Familie, desto größer dürfte ihr Wittum gewesen sein.
Daneben zeigen die am Schluß zitierten Extrembeispiele Barbara von Cilli und
Bianca Maria Sforza aber auch, daß es im späten wie schon im hohen Mittelalter bei
der Erweiterung des finanziellen Rahmens nicht zuletzt auf das persönliche Ge-
schick und Engagement der Königin ankam, durch das sie im Verlauf ihrer Ehe im-
mer reicher werden oder wie die Mailänderin Bianca^ arm bleiben konnte.

Die Zeit der Luxemburger und der hussitischen Revolution, in: Handbuch der Geschichte der
Böhmischen Länder, hg. von Karl BosL, Bd. 1 (1967) S. 351-568, hier S. 537-568.
404 Vgl. die Vielzahl von Beispielen bei HocHRiNNER, Bianca Maria Sforza S. 57-94.
405 HocHRiNNER, Bianca Maria Sforza S. 83-86.
406 Bianca, die eine reiche Mitgift in die Ehe einbrachte, entsprach nach Hermann WiESFLECKER,
Maximilian I. Die Fundamente des habsburgischen Weltreiches (1991) S. 80f. den Erwartungen
des Kaisers in keinster Weise: sie war weder schön noch klug, sondern »immer etwas kränklich,
nervös, kapriziös, vernascht, daher mollig und blieb zeitlebens ein Kind, das am Boden sitzend
spielte, ohne sich ihrer Stellung an der Seite des Kaisers je bewußt zu werden«. Sie starb kinder-
los 1511 und wurde in der Stiftskirche von Stambs bestattet, wo bereits mit Elisabeth von Görz-
Tirol eine Königin beigesetzt war. Die mit dem Staufer Konrad IV. verheiratete Wittelsbacherin
hatte die Zisterzienserabtei zusammen mit ihrem zweiten Gatten Meinhard II. gegründet.

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