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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0358
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tierenden Konsequenzen. Vielmehr lag sie zeitlich schon vor diesem Ereignis und ist
wohl in den Kontext des offiziell von ihr mitgetragenden Papstschismas zu stellen,
mit dem die Kaiserin, die im Grunde eine reformorientierte Gesinnung besaß, eine
antirömische und damit antireformerische Entscheidung akzeptierte^-.
Im Schisma wird die eigentliche Trendwende gesehen, die aufgrund persönli-
cher Schuldzuschreibung und Gewissensnöte eine Vernachlässigung der Reichsge-
schäfte, die Schleiernahme und schließlich das »Attentat« der Fürstenopposition
nach sich zog, wobei sich Agnes aber nicht völlig aus dem öffentlichen Leben flüch-
tete, sondern bis zur selbständigen Herrschaftsübernahme Heinrichs IV. präsent
blieb und erst 1065 die Reise nach Rom antrat. In Italien führte sie ein frommes Le-
ben. Sie zog sich aber nicht etwa in die Einsamkeit und Weltabgeschiedenheit eines
Klosters zurück, sondern war weiterhin politisch aktiv und griff nach wie vor in die
Politik ein. Dies demonstriert in eindrucksvoller Weise die Autorität der Kaiserin,
die - so das in der neueren Forschung gezeichnete Bild - niemals eine der in ihrem
Leben nicht gerade seltenen schwierigen Situationen benutzte, um sich der Verant-
wortung für Königtum, Reich und Kirche zu entziehen.
Ihre Regentschaft blieb - abgesehen von derjenigen, allerdings durch völlig an-
dere Umstände geprägten Regentschaft der Kaiserin Konstanze für Friedrich II. in
Sizilien^ - die letzte im mittelalterlichen Reich. Daß die Möglichkeit einer Regent-
schaft der Königin für ihren zum Thronfolger bestimmten Sohn auch in nachsali-
scher Zeit ins Auge gefaßt wurde, zeigt sich in der Regierungszeit Friedrichs I. Bar-
barossa dadurch, daß Kaiserin Beatrix in die das Alexandrinische Schisma beenden-
den Verträge als Vertragspartnerin für den Fall des vorzeitigen Todes Friedrichs I.
einbezogen wurde, indem die Abmachungen auch für sie als Regentin für den noch
minderjährigen Heinrich VI. als bindend formuliert wurden^. In nachstaufischer
Zeit setzte sich schließlich das Wahlkönigtum endgültig durch. Damit konnten auch
Regentschaften für minderjährige Könige vermieden werden^.

122 STRUVE, Zwei Briefe S. 416; BLACK-VELDTRUP, Kaiserin Agnes S. 367f.
123 Zur Regentschaft Konstanzes von Sizilien vgl. S. 362f.
124 Zum Vertragswerk zwischen Friedrich I. und Alexander III. vgl. S. 311f.
125 Im Gegensatz zum Reich gab es in Frankreich im späten Mittelalter und vor allem der frühen
Neuzeit Regentschaften der Königinnen; vgl. Frangoise BARRY, La reine de France (1964)
S. 329-408; Bettina BAUMGÄRTEL, Zum Bilderstreit um die Frau im 17. Jahrhundert. Inszenierun-
gen französischer Regentinnen, Querelles. Jahrbuch für Frauenforschung 2 (1997) S. 147-182.

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