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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0361
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eine Übersetzung des Wortes uz'cffn'tis ins Deutsche handelt und somit im Grunde
dasselbe meint. Nachweisbar wird der Hcarüfs wosterbeziehungsweise oz'carzws z'mpg-
rz'z im frühen 13. Jahrhundert als Titel Friedrichs II. für Provinzstatthalter in der itali-
schen Verwaltung, wobei in diesem Fall das Vikariat zzfzsgzzfg rege gemeint isFU
Das Vikariat tzzzezzzifg z'zzzpgrz'z, das mit dem Tod des Herrschers für die Zeit der
Vakanz der Königsherrschaft notwendig wurde, taucht in den Quellen seit 1276/81
als Recht des Pfalzgrafen bei Rhein auf und erhält seine rechtliche Verankerung in
der Goldenen Bulle Karls IV. von 1356. Es benennt das Recht auf die Statthalter-
schaft im Reich in Stellvertretung des künftigen römischen Königs, das der Pfalz-
graf bei Rhein für die rheinischen und schwäbischen Länder nach fränkischem
Recht und der Herzog von Sachsen für die Gebiete nach sächsischem Recht ausüben
sollten^. Insofern verbietet es sich, den Begriff des Reichsvikariats uacazho z'zzzpgrz'o
anzuwenden, der seit der Goldenen Bulle von 1356 eine mit konkret benannten
Pflichten und Rechten wie auch Verboten verbundene Institution der Reichsverfas-
sung bezeichnet.
Zur Verdeutlichung der inhaltlichen Unterschiede muß deshalb auf den schon
in der älteren Forschung verwandten Terminus der »Reichsverweserschaft« zurück-
gegriffen werden, um die Stellung der Kaiserin während der Vakanz im Königtum
zu umschreiben^/ Denn immerhin lassen die Bemerkungen bei Wipo darauf
schließen, daß die offizielle Herrschaftsgewalt in der kurzen Zeitspanne von knapp
acht Wochen zwischen dem Tod Heinrichs II. und der Wahl Konrads II. in den Hän-
den Kunigundes lag. Darauf verweisen folgende Indizien: Die namentliche Nen-
nung ihrer Brüder als Ratgeber wäre unverständlich, würde man damit keine Ent-
scheidungskompetenz der Königin verbinden. Diesem Beraterkreis gehörte sicher-
lich auch der Mainzer Erzbischof Aribo an, mit dem Kunigunde in einem engen
Vertrauensverhältnis gestanden hatte^T Wipo bestätigt diesen Sachverhalt indirekt
dadurch, daß er lediglich die anonyme Gesamtheit der geistlichen und weltlichen
Würdenträger als Garanten des Friedens benennt, aber keinen von ihnen als beson-
ders durchsetzungsfähig hervorhebt und damit auch nicht zu erkennen gibt, daß im
Zentrum der Herrschaftsausübung ein anderer Personenkreis gestanden hätte als
derjenige um die Kaiserin^/ Schließlich könnte als weiteres Indiz die Information
aus ihrer Vita geltend gemacht werden, daß sich Kunigunde nicht unmittelbar nach

137 FRiCKE, Reichsvikare S. If. - Zu unterscheiden ist diese spätstaufische Institution vom zeitweili-
gen Amt des Hcanzzs als Stellvertreter des Herrschers bei dessen Abwesenheit, das es immer ge-
geben haben dürfte.
138 Goldene Bulle Kaiser Karls IV. c. V 1, S. 582-584; dazu Wolfgang HERMKES, Das Reichsvikariat
in Deutschland. Reichsvikare nach dem Tode des Kaisers von der Goldenen Bulle bis zum Ende
des Reiches (Studien und Quellen zur Geschichte des deutschen Verfassungsrechts A 2, 1968)
und BuscH, Thronvakanzen S. 24-28.
139 Die problematische BegrifAichkeit zeigt auch der Blick ins HRG, wo entgegen der inhaltlichen
Gleichsetzung in den Quellen zwischen Reichsvikar und Reichsverweser unterschieden wird,
indem letzterer für diejenigen Fälle steht, »in denen der Herrscher von sich aus in bestimmten
Situationen einen Vertreter bestellte; namentlich dann, wenn er selbst im Ausland - frans zzzonfes
- weilte«, so Adalbert ERLER, Art. Reichsverweser, in: HRG 4 (1990) Sp. 806f., zit. S. 806. Das
»Amt« des Reichsverwesers ist in den nordischen Ländern Dänemark, Norwegen und Schwe-
den nachweisbar; vgl. Th. HiLL, in: LexMa 7 (1995) Sp. 646f.
140 Vgl. BosHOF, Salier S. 35.
141 Zur entgegengesetzten Einschätzung kommt JÄSCHKE, Gefährtinnen S. 45.

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