2.4 Überlegungen zur Quellengrundlage
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mals auf Initiative des Empfängers und nicht des Herrschers entstand, und dass
drittens die Überlieferungschance einer Urkunde von ihrem Inhalt abhängig war
und darum damit zu rechnen ist, dass deutlich mehr Mandate als Diplome verlo-
ren gegangen sind, wir sogar nur einen Bruchteil der tatsächlich ausgestellten
Mandate Friedrichs I. kennen. Erschwerend kommt hinzu, dass für das 12. Jahr-
hundert noch keine Register oder sonstige Formen der Verwaltung und Archivie-
rung des königlichen Schriftgutes bekannt sind und so auch diese Möglichkeit,
den Urkundenbestand zu rekonstruieren, entfällt.^
Führt man sich dies vor Augen, stellt sich die Frage, wie mit dieser Problema-
tik über deren Thematisierung hinaus umzugehen ist. Denn es ist unverkennbar,
dass Königsherrschaft im 12. Jahrhundert nicht allein auf Grundlage von Urkun-
den erforscht werden kann. Deshalb möchte diese Arbeit sich nicht auf die Quel-
lengruppe der Herrscherurkunden beschränken, sondern deren Überlieferung mit
weiteren diplomatischen Quellen - zu denken ist an Papsturkunden, Privaturkun-
den, Gesetze - und der historiographischen Überlieferung abgleichen. Diese Vor-
gehensweise, die Spieß am Beispiel der Hofpräsenz erfolgreich vorgeführt hat/"'
ermöglicht erst, einen umfassenden Eindruck zu erarbeiten, auch wenn dies bis
jetzt nur selten erprobt wurde/'" Ziel dieser Arbeit ist es darum, durch das Aufhe-
ben der getrennten Behandlung von diplomatischen und historiographischen
Quellen zu einer solideren Quellengrundlage und dadurch auch zu einem neuen
Blick auf die Königsherrschaft Friedrichs I. zu gelangen.
2.4.2 Historiographische Quellen
Um später die historiographischen Quellen in direkter Verbindung mit der ur-
kundlichen und epistolaren Überlieferung zu bearbeiten, werden an dieser Stelle
die wichtigsten historiographischen Werke für die burgundische Geschichte vor-
gestellt. Diese liefern neben ergänzenden Informationen zur Ereignisgeschichte
vor allem eine Bewertung bzw. eine Wahrnehmung der jeweiligen Ereignisse
durch die AutorenSo formulierte schon Beumann, dass mittelalterliche Ge-
schichtsschreibung auf Grund der Erzählabsicht und teilweise auch durch die Be-
auftragung ihrer Autoren nicht nur Geschichte erzählt, sondern auch Geschichte
ist und erzeugt/^
215 BRESSLAu, Urkundenlehre. Bd. 1, S. 130f. und 166.
216 St'iLss, Hof, vor allem S. 54; und siehe oben in diesem Kapitel.
217 So beschränken sich leider eine ganze Reihe von Arbeiten zur Herrschaft in der Stauferzeit auf
die diplomatischen Quellen, zuletzt PLAssMANN, Struktur; ScHLUNK, Königsmacht. Einige neu-
ere Arbeiten behandeln sowohl diplomatische als auch historiographische Quellen, jedoch ge-
lingt nicht immer die konsequente Verbindung und Abgleich beider Quellengruppen miteinan-
der, oft stehen diese isoliert nacheinander in der Darstellung, so beispielweise LiNDNER,
Hoftage; RicHTER, Gericht. Uebach hingegen versucht konsequent vor allem in Auseinanderset-
zung mit PLAssMANN, Struktur, die historiographischen Quellen mit den diplomatischen Quel-
len abzugleichen; UEBACH, Ratgeber.
218 StNGER, Wahrnehmen.
219 BEUMANN, Methodenfragen, S. 8: „So bietet die Historiographie einen dreifachen Aspekt: sie er-
zählt, ist und bewirkt Geschichte."
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mals auf Initiative des Empfängers und nicht des Herrschers entstand, und dass
drittens die Überlieferungschance einer Urkunde von ihrem Inhalt abhängig war
und darum damit zu rechnen ist, dass deutlich mehr Mandate als Diplome verlo-
ren gegangen sind, wir sogar nur einen Bruchteil der tatsächlich ausgestellten
Mandate Friedrichs I. kennen. Erschwerend kommt hinzu, dass für das 12. Jahr-
hundert noch keine Register oder sonstige Formen der Verwaltung und Archivie-
rung des königlichen Schriftgutes bekannt sind und so auch diese Möglichkeit,
den Urkundenbestand zu rekonstruieren, entfällt.^
Führt man sich dies vor Augen, stellt sich die Frage, wie mit dieser Problema-
tik über deren Thematisierung hinaus umzugehen ist. Denn es ist unverkennbar,
dass Königsherrschaft im 12. Jahrhundert nicht allein auf Grundlage von Urkun-
den erforscht werden kann. Deshalb möchte diese Arbeit sich nicht auf die Quel-
lengruppe der Herrscherurkunden beschränken, sondern deren Überlieferung mit
weiteren diplomatischen Quellen - zu denken ist an Papsturkunden, Privaturkun-
den, Gesetze - und der historiographischen Überlieferung abgleichen. Diese Vor-
gehensweise, die Spieß am Beispiel der Hofpräsenz erfolgreich vorgeführt hat/"'
ermöglicht erst, einen umfassenden Eindruck zu erarbeiten, auch wenn dies bis
jetzt nur selten erprobt wurde/'" Ziel dieser Arbeit ist es darum, durch das Aufhe-
ben der getrennten Behandlung von diplomatischen und historiographischen
Quellen zu einer solideren Quellengrundlage und dadurch auch zu einem neuen
Blick auf die Königsherrschaft Friedrichs I. zu gelangen.
2.4.2 Historiographische Quellen
Um später die historiographischen Quellen in direkter Verbindung mit der ur-
kundlichen und epistolaren Überlieferung zu bearbeiten, werden an dieser Stelle
die wichtigsten historiographischen Werke für die burgundische Geschichte vor-
gestellt. Diese liefern neben ergänzenden Informationen zur Ereignisgeschichte
vor allem eine Bewertung bzw. eine Wahrnehmung der jeweiligen Ereignisse
durch die AutorenSo formulierte schon Beumann, dass mittelalterliche Ge-
schichtsschreibung auf Grund der Erzählabsicht und teilweise auch durch die Be-
auftragung ihrer Autoren nicht nur Geschichte erzählt, sondern auch Geschichte
ist und erzeugt/^
215 BRESSLAu, Urkundenlehre. Bd. 1, S. 130f. und 166.
216 St'iLss, Hof, vor allem S. 54; und siehe oben in diesem Kapitel.
217 So beschränken sich leider eine ganze Reihe von Arbeiten zur Herrschaft in der Stauferzeit auf
die diplomatischen Quellen, zuletzt PLAssMANN, Struktur; ScHLUNK, Königsmacht. Einige neu-
ere Arbeiten behandeln sowohl diplomatische als auch historiographische Quellen, jedoch ge-
lingt nicht immer die konsequente Verbindung und Abgleich beider Quellengruppen miteinan-
der, oft stehen diese isoliert nacheinander in der Darstellung, so beispielweise LiNDNER,
Hoftage; RicHTER, Gericht. Uebach hingegen versucht konsequent vor allem in Auseinanderset-
zung mit PLAssMANN, Struktur, die historiographischen Quellen mit den diplomatischen Quel-
len abzugleichen; UEBACH, Ratgeber.
218 StNGER, Wahrnehmen.
219 BEUMANN, Methodenfragen, S. 8: „So bietet die Historiographie einen dreifachen Aspekt: sie er-
zählt, ist und bewirkt Geschichte."