5.4 Herrschaft durch personelle Kontakte
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während dieser Reise die Kanzlei. Daneben sind noch einige Empfängerausferti-
gungen von Burgundaufenthalten Friedrichs I. bekannt, bei denen lediglich die Be-
siegelung von einer zur Kanzleigruppe gehörenden Person vorgenommen wur-
det
Die gemachten Beobachtungen für den burgundischen Fall lassen sich wie
folgt zusammenfassen: Während bei den überregionalen Hoftagen von Besangon
1157 und Saint-Jean-de-Fosne und Besangon 1162 jeweils zahlreiche Personen aus
dem Reich nach Burgund kamen und so verschiedene Personen der Reichskanzlei
anwesend waren, ist bei den anderen Burgundaufenthalten zu beobachten, dass
lediglich eine Person aus dem Personenkreis der Reichskanzlei mit nach Burgund
reiste und dort alle Arbeitsschritte der Urkundenausfertigung übernahm. Da diese
Person also aus dem Reich und dem dortigen Hofkreis stammte und jeweils alleine
für die Urkundenausfertigung in Burgund verantwortlich war, ist es irreführend,
in diesem Zusammenhang von einer „burgundischen Kanzlei" zu sprechen. Man
muss sagen, es gab einen burgundischen Erzkanzler, aber keine burgundische
Kanzlei.
Jedoch hob Friedrich durch die Ernennung eines burgundischen Erzkanzlers
Burgund auf eine Ebene mit dem Reich und Reichsitalien und betonte so dessen
Ranggleichheit im Imperium. Daneben ist die Auszeichnung des Vienneser Erzbi-
schofs als Erzkanzler von Burgund als konkretes politisches Instrument zu deuten:
Friedrich band diesen durch die Ernennung und die damit verbundene Rangerhö-
hung ins Reich ein. Abgesehen davon hatte die Einsetzung eines burgundischen
Erzkanzlers aber keine Auswirkungen auf die Herrschaftsdurchsetzung Friedrichs
in Burgund.
Mit Blick darauf, dass in Burgund nur eine Person für die Ausfertigung der
Urkunden ausreichte und dass dies keineswegs ein Einzelfall war, sondern unter
Friedrich I. öfter nur ein aktiver Notar belegt ist,"^ wird klar, dass der Forschungs-
begriff der Reichskanzlei letztlich ein mit Vorsicht zu behandelndes Konstrukt dar-
stellt. In der Realität muss man sich die hofnahe Personengruppe, die mit der Ur-
kundenausfertigung betraut war, weit weniger institutionalisiert vorstellen.
5.4.4.4 Der Dauphin und der Adel des mittelburgundischen Raums
Neben den Erzbischöfen von Lyon und Vienne war der Dauphin als wichtigster
Adliger im mittelburgundischen Raum für Friedrichs Herrschaftsbemühungen
von Interesse. Die Grafschaft Dauphine umfasste ungefähr einen Streifen von West
nach Ost quer durch das Königreich Burgund mit den Zentren Vienne und Grenob-
le 1150 Die Dauphine war aus der Trennung der Vogteirechte in der Grafschaft Vi-
enne zwischen den Grafenhäusern Maurienne (Grafschaft Savoyen) und Albon
1148 AppELT, Einleitung, S. 76.
1149 KocH, Reichskanzlei, S. 342.
1150 Siehe hierzu die gute Zusammenfassung bei BnGNY, Dauphine, S. 221-224 und im Anhang 9.5,
Karte 6.
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während dieser Reise die Kanzlei. Daneben sind noch einige Empfängerausferti-
gungen von Burgundaufenthalten Friedrichs I. bekannt, bei denen lediglich die Be-
siegelung von einer zur Kanzleigruppe gehörenden Person vorgenommen wur-
det
Die gemachten Beobachtungen für den burgundischen Fall lassen sich wie
folgt zusammenfassen: Während bei den überregionalen Hoftagen von Besangon
1157 und Saint-Jean-de-Fosne und Besangon 1162 jeweils zahlreiche Personen aus
dem Reich nach Burgund kamen und so verschiedene Personen der Reichskanzlei
anwesend waren, ist bei den anderen Burgundaufenthalten zu beobachten, dass
lediglich eine Person aus dem Personenkreis der Reichskanzlei mit nach Burgund
reiste und dort alle Arbeitsschritte der Urkundenausfertigung übernahm. Da diese
Person also aus dem Reich und dem dortigen Hofkreis stammte und jeweils alleine
für die Urkundenausfertigung in Burgund verantwortlich war, ist es irreführend,
in diesem Zusammenhang von einer „burgundischen Kanzlei" zu sprechen. Man
muss sagen, es gab einen burgundischen Erzkanzler, aber keine burgundische
Kanzlei.
Jedoch hob Friedrich durch die Ernennung eines burgundischen Erzkanzlers
Burgund auf eine Ebene mit dem Reich und Reichsitalien und betonte so dessen
Ranggleichheit im Imperium. Daneben ist die Auszeichnung des Vienneser Erzbi-
schofs als Erzkanzler von Burgund als konkretes politisches Instrument zu deuten:
Friedrich band diesen durch die Ernennung und die damit verbundene Rangerhö-
hung ins Reich ein. Abgesehen davon hatte die Einsetzung eines burgundischen
Erzkanzlers aber keine Auswirkungen auf die Herrschaftsdurchsetzung Friedrichs
in Burgund.
Mit Blick darauf, dass in Burgund nur eine Person für die Ausfertigung der
Urkunden ausreichte und dass dies keineswegs ein Einzelfall war, sondern unter
Friedrich I. öfter nur ein aktiver Notar belegt ist,"^ wird klar, dass der Forschungs-
begriff der Reichskanzlei letztlich ein mit Vorsicht zu behandelndes Konstrukt dar-
stellt. In der Realität muss man sich die hofnahe Personengruppe, die mit der Ur-
kundenausfertigung betraut war, weit weniger institutionalisiert vorstellen.
5.4.4.4 Der Dauphin und der Adel des mittelburgundischen Raums
Neben den Erzbischöfen von Lyon und Vienne war der Dauphin als wichtigster
Adliger im mittelburgundischen Raum für Friedrichs Herrschaftsbemühungen
von Interesse. Die Grafschaft Dauphine umfasste ungefähr einen Streifen von West
nach Ost quer durch das Königreich Burgund mit den Zentren Vienne und Grenob-
le 1150 Die Dauphine war aus der Trennung der Vogteirechte in der Grafschaft Vi-
enne zwischen den Grafenhäusern Maurienne (Grafschaft Savoyen) und Albon
1148 AppELT, Einleitung, S. 76.
1149 KocH, Reichskanzlei, S. 342.
1150 Siehe hierzu die gute Zusammenfassung bei BnGNY, Dauphine, S. 221-224 und im Anhang 9.5,
Karte 6.