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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0116
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II.3 Personen und Gruppen

115

Einflusses in der Kirche.611 Ob Odilos Brief den König beeinflusste, kann nicht
mehr entschieden werden - offenbar war der Cluniazenser laut seinem Biogra-
phen aber bei Wahl und Erhebung Clemens II. in Rom anwesend.612 Spätestens
bei jener Gelegenheit dürfte er in Kontakt mit dem Eremiten Petrus Damiani
gekommen sein, der die Kanonisation Odilos durch die Abfassung einer abbre-
vatio der Lebensbeschreibung des Cluniazensers aktiv unterstützte. Für Odilos
Nachfolger Abt Hugo (reg. 1049-1109) rekonstruierte Kohnle enge Verbindun-
gen zu den Päpsten von Leo IX. bis zu Gregor VIL, welche mit Engagement gegen
Simonie und Nikolaitismus verbunden gewesen seien.613 Zusammen mit dem zu
Leos Zeiten persönlich guten Verhältnis Hugos zu Kaiser Heinrich III. glaubte
Kohnle, eine beinahe programmatische Verbindung von Cluny „mit den beiden
die Kirche tragenden Mächten" erkennen zu können.614 Anders sah dies Oberste
und auch Wollasch räumte Zweifel ein.615 Eher ist wohl Bulst zuzustimmen, der
glaubte, Cluny habe es vermieden, „sich in den politischen und geistigen Aus-
einandersetzungen der Zeit zu stark zu exponieren und dadurch Ansehen und
Einflußmöglichkeiten zu verlieren".616
Trotz dieser persönlich schon seit Heinrich II.617 positiven Beziehungen zum
deutschen Königtum nahm Cluny erst ab 1070 nennenswerten monastischen
Einfluss auf das Reichsgebiet nördlich der Alpen.618 Und auch dies war nicht von
Seiten des Königtums inspiriert, sondern dem Wirken Wilhelms von Volpiano
(962-1031) zu verdanken. Als Abt von St-Benigne in Dijon und dem oberitali-

611 S. unten Anm. 2096.
612 lotsald, Vita Odilonis, S. 235, Z. 14-17.
613 Kohnle, Hugo 1993, S. 91.
614 Das Zitat ebd., S. 75, vgL auch S. 68-75. - Jakobs, Cluniazenser 1974, S. 650 hatte nur von einer
über den Tod Heinrichs III. hinausgehenden Interessengemeinschaft von Kaisertum, Cluny und
Papsttum gesprochen, die Richter, Leclercq und Hallinger in einer Übereinstimmung Clunys mit
den geistlichen Idealen der Kirchenreform begründet sahen (Leclercq, Aspects 1980; Richter,
Cluny 1975; ders., Persönlichkeitsdarstellung 1972; Hallinger, Anfänge 1954). - Der „missio-
narische Ruf nach einer ,allgemeinen Kirchenreform' und prinzipieller Umgestaltung des Ver-
hältnisses von Papsttum, Königtum und Diözese" sei Cluny fremd gewesen, urteilte auch W.
Goez, Kirchenreform 2008, S. 24.
615 Nach Wollasch, Reform 1973, S. 290 sei Hugo einer der engsten Mitarbeiter Leos gewesen, doch
räumte Wollasch die zweifelhafte Verlässlichkeit seiner Quelle selbst ein. Oberste, Papst 2006, S.
425 stellte keine kirchenreformrelevanten Kontakte zwischen Hugo und Leo fest. - S. auch
Personenkatalog.
616 Bulst, Cluny 1983, Sp. 2174.
617 Heinrichs II. persönliche Kontakte zu Cluny diskutierten Seibert, Herrscher 1997; Benz, Hein-
rich II. in Cluny? 1974; ders., Heinrich II. und Cluny 1974; Wollasch, Heinrich II. 1969, wobei
Wollasch, Cluny 1992, S. 18-21 zu dem Schluss kam, dass die starke geistliche Anziehungskraft
Clunys von der rechtlichen Einflussgewährung unterschieden worden sei.
618 Vgl. die drei Wachstumsphasen der ecclesia cluniacensis bei Kohnle, Cluniazenserklöster 1998, S.
470 sowie Wollasch, Cluny 1992, S. 21f. - Zu den oberitalienischen und westschweizerischen
Cluniacenserklöstem sowie Selz (Lamke, Cluniazenser 2009, S. 391-418) und Abdinghof
(Neiske, Abdinghof 1991), die vor 1070 beeinflusst wurden, vgl. Wollasch, Cluny 1992, S. 1-22,
31.
 
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