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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0196
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III.2 Personelle Aspekte

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ches Ziel dieser Vorgehensweise war eine gezielte Verbreitung seiner Ansichten
in den relevanten Personenkreisen und damit das Erreichen einer möglichst
breiten relevanten Öffentlichkeit durch einen einzigen Text. Mit der Nomen-
klatur der NWA gesprochen erreichte Damiani zielgenaue, kontrollierte und
selektive Streuungseffekte über die Knotenpunkte seines Korrespondenznetzes.
Die Netzwerkstruktur, in diesem Fall die institutionell-hierarchische Bindung
von Adressaten und erweitertem Adressatenkreis, gewährleistete, dass Dami-
anis Text durch den erweiterten Adressatenkreis nicht ignoriert werden konnte -
im Falle eines direkten Schreibens an diesen durchaus denkbar. Ob dieser indi-
rekt ausgebrachte Same aufging und Früchte trug, ist nicht rekonstruierbar.
Festzuhalten bleibt die bewusste Instrumentalisierung des Korrespondenz-
netzwerks und seiner Verzweigungen.
Obwohl er sich als Eremit immer wieder über seine Verstrickung in weltliche
Angelegenheiten beklagte, suchte er zur Verfolgung seiner Ziele aktiv Kontakt
zu einflussreichen potentiellen Multiplikatoren - dies teilweise sogar unabhän-
gig davon, ob er bereits ihre Bekanntschaft gemacht hatte.1105 Und sollte ein
Adressat die gewünschte Informationsverbreitung unterbinden wollen, so nahm
Damiani ihn direkt in die Pflicht und forderte das Gewünschte in klaren Worten
ein: „Immo peto, ut epistola hciec in publicum venicit, sicque per vos, quid super hoc totius
mundi periculo sentiendum sit, omnibus innotescat."1106 Für den Briefverkehr im
Allgemeinen gilt ein Gleiches.1107 Auch wenn er sich topisch als „peccator monci-
chus"1108 titulierte - das dahinterstehende Selbstbewusstsein und Mitteilungs-
bedürfnis des gelehrten Eremiten sind nicht zu verkennen. Und ging dabei zu-
weilen etwas schief, trug Damiani es mit Humor.1109
Angesichts eines solchen Aufwandes erscheint es nur konsequent, wenn er
sich aktiv um die Bewahrung seiner Schriften bemühte. Dies tat er auf vier
verschiedenen Wegen: Zunächst bewahrte er Kopien seiner Briefe in der Ein-
siedelei Fonte Avellana auf,1110 in der er seit etwa 1043 als Prior fungierte. Wie

1105 Ders., Briefe 1, Nr. 11 an den ihm unbekannten Bibliothekar und Kanzler Petrus; Nr. 12 an den
ihm unbekannten Bischof Johannes von Cesena; Nr. 40 an den ihm unbekannten erzbischöfli-
chen Elekt Heinrich von Ravenna.
1106 Ders., Briefe 2, Nr. 58, S. 194, Z. 18-20 bezieht sich auf die Doppelwahl Papst Nikolaus' II. und
Benedikts X. 1058.
1107 Ders., Briefe 3, Nr. 95, S. 42f.: Als Abt Desiderius von Montecassino mehrere seiner Briefe nicht
beantwortete und auch den versprochenen Schreiber zur Kopie von Briefen nicht sandte, ließ
Damiani es nicht dabei bewenden: Ein neuerliches Schreiben informierte den gelehrten Abt, dass
die Zeiten des Drängens und Stichelns vorbei seien und er nun durch Belehrungen eines
gleichwohl Unwissenderen zu einer Reaktion angestachelt werden sollte. Doch Desiderius
zeigte sich dem gewachsen und ließ im Folgejahr durch einen Boten ausrichten: Sollte Damiani
Montecassino nicht besuchen und zu Lebzeiten des Desiderius sterben, so werde er nicht in die
cassinesische Gebetsgemeinschaft aufgenommen (berichtet von Damiani selbst in Briefe 3, Nr.
106, S. 168, S. 20-24).
1108 Zuerst in Ders., Briefe 1, Nr. 13 von 1045.
1109 Petrus Damiani, Opera poetica, Nr. 58, S. 64: Cur idem scriptum bis mittitur. Vgl. Reindel, Briefe
1996, S. 145.
1110 Reindel, Briefe 1996, S. 144 verwies in diesem Zusammenhang auf Petrus Damiani, Briefe 3, Nr.
107, S. 186 (Als Papst Alexander II. und Archidiakon Hildebrand ihn 1064 wegen seines nicht
 
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