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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Contr.]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0375
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VI Kirchenreformer in der Mitte des 11. Jahrhunderts

rads II., wo seine Gelehrsamkeit und Autorität ihm Geltung verschafften.20101029
zum Lütticher Dompropst ernannt, entfaltete er eine segensreiche Tätigkeit,2011
die Klerus und Volk veranlassten, ihn 1037 zum Nachfolger des verstorbenen
Bischofs Reginhart zu wählen, doch setzte der Elekt die Promotion seines
Schülers Nithard durch.2012 Als dieser 1042 starb, fügte sich Wazo schließlich dem
Wunsch der Stadtgemeinde; nachdem auch König Heinrich von der Eignung des
Kandidaten überzeugt worden war,2013 fanden Investitur und Weihe statt. Aus
Wazos Zurückweisung des Laieneinflusses auf den ecclesiasticus ordo resultierte
seine Ablehnung der Einflussnahme Heinrichs III. auf kirchliche Angelegen-
heiten; dabei räumte er hinsichtlich der temporcdici eine Gehorsamspflicht der
Bischöfe gegenüber dem Kaiser ein. Deswegen antwortete Wazo auf die Anfrage
Heinrichs III. bezüglich der Papstwahl nach dem Tode Clemens II. 1047, dass der
in Sutri unrechtmäßig abgesetzte Gregor VI. wieder zu investieren sei.2014 In-
wieweit Wazos kirchenpolitische Auffassung damit das staatskirchliche Denken
der Ottonen- und frühen Salierzeit überwand, als sacerdotium und regnum noch in
engster Verbindung für eine Reform der Kirche eintraten, wurde in der For-
schung intensiv diskutiert.2015 Indes erfuhren Wazos Ideen vermittels seiner
Tätigkeit als Scholaster große Verbreitung, vermutlich nicht zuletzt durch
räumliche Nähe: Auch Hildebrand (später Papst Gregor VII.) studierte während
seines Exils im Lüttich eng verbundenen Köln und der spätere Papst Stephan IX.
bekleidete zu Wazos Zeiten das Amt des Lütticher Archidiakons.2016 Ebenso
würdigte Papst Leo IX. den Lütticher Bischof, wie einer Urkunde für Wazos
Bruder, den Abt des Reformklosters Florennes, zu entnehmen ist.2017 Zudem ist
Wazo „höchstwahrscheinlich noch vor seinem Tod am 8.7.1048" in das Geden-

2010 Anselmi gesta epp. Leodiensium 43, S. 215f. u. 48, S. 218; vgL Vita Popponis 26, S. 310; Zielinski,
Reichsepiskopat 1984, S. 115; Fleckenstein, Hofkapelle 2 1966, S. 193. Konrad designierte ihn
zum Nachfolger Erzbischof Aribos von Mainz, was jedoch an der Intervention Kaiserin Giselas
für ihren Verwandten Bardo scheiterte, vgL Finckenstein, Bischof 1989, S. 68; Breßlau, Konrad 1
1879, S. 321f.
2011 Neben der wirtschaftlichen und verwaltungstechnisch vorbildlichen Führung der Diözese,
insbesondere bei der Hungersnot 1043 sowie der Verheerung durch Gottfried den Bärtigen,
bildete die Armenfürsorge ein immerwährendes Anliegen des Lütticher Propstes und späteren
Bischofs, vgl. Hoerschelmann, Wazo 1955, S. 24f.
2012 Vgl. ebd., S. 26f.
2013 Vgl. Anselmi gesta epp. Leodiensium 46, S. 219f. Bruno von Würzburg und Hermann II. von
Köln setzten sich beim König für Wazo ein, den sie laut Zielinski, Reichsepiskopat 1984, S. 176
nicht aus dynastischen Gründen, sondern aus persönlicher Wertschätzung protegierten.
2014 Vgl. Anton, Stufen 1987, S. 260; Hoerschelmann, Wazo 1955, S. 38.
2015 Vgl. die Diskussion bei Laudage, Priesterbild 1984, S. 3-5. Ähnliche Äußerungen sind sonst nur
vom Verfasser des Traktates De ordinando pontifice bekannt, s. oben Anm. 408. - Inwieweit der
Eintrag Wazos in der Gebetsverbrüderung von Piacenza deren Abschluss im November 1046
nahe steht, bedürfte näherer Untersuchung, vgl. K. Schmid, Piacenza 1975, S. 80.
2016 Zu Friedrich von Lothringen s. oben Abschnitt VI.2.1.6; zu Hildebrand s. Abschnitt VI.2.2.14.
2017 JL 4317.
 
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