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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0405
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404

VI Kirchenreformer in der Mitte des 11. Jahrhunderts

Gründung dem Laien Herluin verdankte.2249 In Zusammenarbeit mit diesem war
Lanfrank seit 1045 als Prior für die wirtschaftlichen und geistlichen Belange der
Abtei verantwortlich.2250 Aufgrund seiner Gelehrsamkeit und der Hinwendung
zur Heiligen Schrift erlebte die Klosterschule gerade von außerhalb regen Zu-
spruch,2251 wodurch nicht allein die finanzielle Grundlage der Gemeinschaft
verbessert wurde, sondern auch das Papsttum auf ihn aufmerksam wurde. Denn
nach dem Reimser Konzil begleitete Lanfrank Papst Leo IX. während des Win-
ters und wohl auch einen Großteil des Frühjahrs und Sommers 1049/1050.2252
Doch worin die nützlichen Ratschläge für das Papsttum bestanden haben, wel-
che Nikolaus II. 1059 in einem Brief an Lanfrank lobend erwähnte, bleibt ebenso
unklar, wie seine Anwesenheit auf der zentralen Lateransynode 1059.2253 Die
durchweg positiven Beziehungen zum Papsttum äußern sich auch in den
Schülern, welche Nikolaus II. und Alexander II. nach LeBec-Hellouin sandten.2254
Eine häufig kolportierte Parteinahme Lanfranks für Leos IX. Angriff auf die
Verwandtenehe Graf Wilhelms von der Normandie hielt Cowdrey dagegen für
„far from established".2255 Die Auseinandersetzung mit der umstrittenen Lehre
Berengars von Tours sowie die spätere Erhebung Lanfranks zum Erzbischof von
Canterbury und sein dortiges Durchgreifen innerhalb der Kirchenorganisation
sollen hier nur erwähnt werden.2256
VI.4.16 Otger, Bischof von Perugia
Obgleich über Otgers2257 Herkunft, Werdegang und Taten (Bischof ca. 1049 bis
höchstens 1059) kaum Nachrichten vorliegen, rechtfertigen einige Punkte seine
Einreihung unter die möglichen Reformer. Zum Ersten ist es wohl er, der auf der
Reimser Reformsynode Leos IX. hervortrat; er ist zu finden bei Leos Translation
der Gebeine des heiligen Wolfgang und der Einweihung von St. Emmeram ge-
meinsam mit Heinrich III. in Regensburg 1052 sowie schließlich 1053 noch ein-

2249 Ebd., S. 12.
2250 Vgl. Gibson, Lanfranc 1978, S. 23-38.
2251 Vgl. ebd., S. 39-97.
2252 Cowdrey, Lanfranc 2003, S. 41.
2253 Southern, Anselm 1990, S. 32f.; vgl. Cowdrey, Lanfranc 2003, S. 42: „bis presence at Rome in 1059
is perhaps, on balance, more likely than not."
2254 Vgl. den Brief Nikolaus' II. von 1059 bei Southern in der vorigen Anm. sowie den auf 1061-1062
datierten Brief Alexandri II epistolae, Nr. 70, Sp. 1353 (zur Datierung Cowdrey, Lanfranc 2003, S.
20, Anm. 41). Ein Schülerverhältnis zwischen Lanfrank und Papst Alexander schloss T. Schmidt,
Alexander II. 1977, S. 24 aus.
2255 Cowdrey, Lanfranc 2003, S. 32-37. Anselm, Historia dedicationis, Sp. 1437C zu Reims 1049:
„Inderdicit et Balduino comiti Flandrensi nefiliam suam Willelmo Nortmanno nuptui daret, et ei de eam
acciperet." Quellen des 12. Jahrhunderts zufolge sollten Wilhelm und seine Frau später je ein
Kloster gegründet haben, um Dispens vom Papst zu erhalten, doch hielt Cowdrey, S. 36f. dies für
sehr fraglich. Dass Lanfrank sich auf die Seite des kritisierten Wilhelm schlug, vertrat noch K.
Reinhardt, Lanfrank 1992.
2256 Vgl. dazu Cowdrey, Lanfranc 2003, S. 59-230.
2257 Grundlegend noch immer Schwartz, Besetzung 1913, S. 288f.
 
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