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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 13.1914

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Januar
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Osborn, Max: Bruno Pauls Säle im neuen Kammergericht zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.48542#0070

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zu der die Stuckumrahmung der Felder entsprechend
getönt wurde. Auch die Möbel sind dunkler ge-
halten als im Festsaal: Nußbaum mit braunvioletten
Damastbezügen, die einen besonders schönen Klang
aufweisen. Der Teppich bringt dazu ein lebhafteres
Motiv. Auf gelbgrauem Grunde ist die Zeichnung
hier in Goldgelb und Orange eingewebt; die Mitte
aber trägt ein Bukett vielfarbiger Blumen. Dies
runde Mittelfeld korrespondiert dann mit dem zarten
runden Stuckdekor der Decke.
Der Kaminaufbau dieses Zimmers erfüllt eine
bestimmte Aufgabe im Gesamtarrangement. Er gibt
nicht nur dem Salon selbst Halt und Mittelpunkt,
sondern wirkt bei der Durchsicht vom Musikzimmer
her als ein Point de vue, der das Auge fesselt und
zu sich zwingt. Daher die ausdruckvolle Betonung
und diegroßen FormendiesesWandstücks,derSäulen,
des Marmorkamins, des Spiegelovals darüber.
Bei solcher Durchsicht reizen überdies die ver-
schiedenen Rhythmen der dekorativen Gestaltung
in den drei Räumen. Besonders die Kronen heben
sich von einander ab. Im Musikzimmer ist der
Beleuchtungskörper ganz sachlich, aus vergoldeter
und ziselierter Bronze, die ihre einfache, logische
Gliederung klar übersehen läßt. Im Festsaal kom-

pliziert sich diese Anordnung zu einem kunstvolleren
Doppelaufbau aus geschweiften Linien mit einem
graziösen Gehänge aus Kristallketten. Im Empfangs-
salon endlich schließt sich der geschliffene Kristall-
schmuck zu einem glitzernden Formgebilde zu-
sammen, über dem die schalenartigen Lichtträger
— deren Grundgestalt überall zu finden — sichtbar
werden. Auch hier wie im ganzen Raum sprechen
Schinkelmotive in moderner Veränderung mit.
Das wichtigste war: die sorgsame Durchdenkung
jeder Einzelheit und ihre Vereinigung unter dem
Gesichtspunkt eines umfassenden Gesamtplans;
die handwerkliche Gewissenhaftigkeit und Solidität,
und der schöne Ehrgeiz, alles aus eigenem Können
zu bestreiten, aus einer in liebevoller Zucht er-
worbenen Beherrschung aller Stoffe und Techniken
überall Originales, für diesen bestimmten Zweck
Erdachtes zu schaffen. Wie glücklich die Anlehnung
an geschichtliche Stimmungen geriet, erkennt man
am besten daraus, daß die großen Oelporträts ein-
stiger Kammergerichtspräsidenten aus dem 18.Jahr-
hundert es ist ein Pesne dabei,aberauch unterden
andern manch trefflichesStück —sich vorzüglich mit
der Einrichtung vertragen, die im Kern doch wieder
ganz und gar Geist vom Geist unserer Gegenwart ist.


JULIUS CUNOW (FACHKLASSE PROF. BR. PAUL), BERLIN
Aus dem Kgl. Kammergericht zu Berlin. — Ein Tisch aus dem Musiksaal
 
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