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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1908-1909

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Heuss, Theodor: Alfred Braun
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https://doi.org/10.11588/diglit.7712#0036
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ALFRED BRAUN.

Bis man von der Bewunderung japanischer Kunstwerke dazu kam, mit
ihrer Eigenart und ihrem Geist die europäische Kunst zu bereichern, ohne in
der Nachahmung zu bleiben, bedurfte es mancher Anläufe und Verirrungen.
Es gab dann verschiedene Wege, die Ernte einzuholen. Emil Orlik fuhr nach
Japan, sah sich die Gegend an, zeichnete fleißig und lernte, mit Geschick und
Takt farbige Holzschnitte herzustellen. Freilich: der Charakter seiner Kunst
blieb europäisch. Anders, intensiver war früher in Paris das Japanische auf-
genommen: in der flächigen Malerei eines Manet, in Degas ausdrucksvoller
Zeichnung, vor allem aber in der großen, mit nervösem Leben bebenden und
dabei so animalisch ruhigen und schönen Linie des Toulouse-Lautrec.

Ich weiß nicht, ob Ernst Neumann die Werke dieses Parisers kannte, als
er seine venezianischen Grisetten zeichnete und in raschem Spiel von schwarzer
und weißer Fläche kolossal lebendige Bewegungskarikaturen erfand. Auch
er ist leichter verständlich, wenn man an japanische Blätter denkt, aber hier
waren die Anregungen keine Vorlagen, sondern Erkenntnisse, die mit größter
Ueberlegung für die Tuschzeichnung, den farbigen Holzschnitt, das Plakat aus-
genützt wurden. In München sammelte Neumann eine Schule um sich und
zu den Leuten, die bei ihm lernten, gehörte Alfred Braun. Das was er bis
jetzt hervorgebracht hat, ist ohne Neumanns Einfluß nicht denkbar; als Neu-
mann 1903 München mit Paris vertauschte, hat Braun ihn begleitet, und nie-
mand erkennt selbstloser an als er, was ihm sein Lehrer war und noch bedeutet.

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