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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1908-1909

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Heuss, Theodor: Alfred Braun
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https://doi.org/10.11588/diglit.7712#0038
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Alfred Braun.

33

Aber glücklicherweise hat er nie den Einfall gehabt, Neumann zu kopieren.
Dies hätte gefährlich sein können bei der außerordentlich persönlichen und
konzentrierten Arbeit dieses Mannes, in dem sich eine große und ganz freie
Phantasie dem kritischen Verstand, der sorgfältigen Ueberlegung, Achtung vor
den technischen Problemen verbindet. Was Braun von seinem Lehrer nahm,
das war nicht ein Ziel der Kunst, sondern die Grundlagen einer Kunstübung:
das Plakat braucht Flächen, der Holzschnitt soll seine Technik zeigen, nicht
verheimlichen und ähnliches. Außerdem hat er mit ihm gemeinsam eine
interessante Technik der Aquarellmalerei mit großen verwischten Tuschetönen
ausgebildet.

Die japanische Kunst sucht nicht die räumliche Klärung, sondern — sehen
wir von dem Farbigen in ihr ab die Silhouette. Das erzog zu einer
ungewöhnlichen Schärfe in der Beobachtung momentaner Situationen und zur
fabelhaften Sicherheit der Hand: eine Linie, die Begrenzung einer Fläche
mußte alles ausdrücken, der farbige Stift, noch vielmehr der Tuschepinsel mußten
mit unfehlbarer Genauigkeit gezogen werden und dann alles über ein Ding,
über einen Ausblick, über ein Tier, über ein paar Menschen sagen. Und der
Kunstinstinkt führte die Hand so, daß zugleich die Fläche des Blattes mit
reizvollem Leben, mit fesselnden und beziehungsreichen Verhältnissen gefüllt war.
 
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