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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1908-1909

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Literarische Neuheiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7712#0110
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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbeverems.

auszeichnet. Die drei größten deutschen Ausstellungen, nämlich München, Darmstadt und Wien
stehen diesmal natürlich im Vordergrund, aber sie absorbieren nicht zu viel Raum; selbst für
München, dem Erscheinungsort der „Dekorativen Kunst", gab es keine lokalpatriotische Reservat-
stellung, auch hier ist gerade nur alles wirklich Wesentlichste in Wort und Bild festgehalten. Von
den anderen Ausstellungen wurde Dresden den Verhältnissen entsprechend nur textlich erledigt,
während der Stuttgarter Studenten-Kunstausstellung, weil es sich um eine erstmalige Veranstaltung
ihrer Art handelte, ein ausführlicher, reich illustrierter Aufsatz eingeräumt wurde. — Aber auch,
abgesehen vom Ausstellungswesen, fand alles Wichtige auf dem Gebiete der angewandten Kunst
liebevolle Würdigung: Ein Nekrolog wurde dem umfangreichen Schaffen des leider so früh ver-
storbenen Olbrich gerecht, die Pfullinger Hallen von Theodor Fischer wurden ausführlich be-
handelt, desgleichen die Außen- und Innenarchitekturen der besten Finnländer, Gesellius und
Sarrinen, ferner die wichtigsten Berliner Neubauten, die Bauten von Freiherrn von Tettau und
Schultze (Naumburg), Landhäuser von der Wasserkante, sowie die Innenraumkunst von Bruno Paul,
Leopold Bauer, A. Schröder (Bremen) u. a. Die kirchliche Baukunst, wie die Friedhofskunst ist mit
den Münchener Ausstellungsarbeiten auch nicht abgetan; auch Schumacher kommt zu Worte; das
gleiche gilt von der Plastik, von der uns diesmal namentlich J. Taschner gut vorgeführt wird. —
Möbel von Stadler (Paderborn) und Metallobjekte — namentlich von Vierthaler und von Winhart —
die herrlichen Goldschmiedearbeiten von Ernst Riegel (Darmstadt), Porzellan von Kopenhagen und
Petersburg, moderne Künstlerstoffe aus Krefeld und Wien, Bilderbücher und Spielzeug, darunter
besonders die neuen Kaulitz-Puppen, Buchschmuck und graphische Arbeiten von F. H. Ehmke und
Klara Möller, von Lucian Bernhard und Paul Kersten, Plakate von Schiestl und aus Wien, Künstler-
photographie von F. E. Smith, ja selbst die bosnischen Briefmarken von Kolo Aloser, — das wäre
nur eine ungefähre Musterkarte aus dem letzten Jahresprogramm, als Zeugnis der Reichhaltigkeit
und Vielseitigkeit. Wirklich, wir können uns zu einem solchen Blatte gratulieren, und die Franzosen
und Engländer, die nichts Ebenbürtiges zur Seite zu stellen haben, schielen mit immer neidvolleren
Blicken zu uns herüber auf das buntbewegte, hoffnungsfreudige kunstgewerbliche Leben in Deutsch-
land (und Oesterreich), von dem die „Dekorative Kunst" ein so übersichtliches Abbild zu geben
versteht. G. E. P.

JAPANS KUNST, von Oskar Münsterberg. (Braunschweig, G. Westermann, 1908.)
Als ein Extrakt aus seiner dreibändigen „Japanischen Kunstgeschichte" veröffentlicht der Berliner
Nationalökonom Münsterberg dieses Buch, das das Material aber nicht nach Techniken gruppiert,
sondern eine zeitliche Entwickelung der einzelnen Kulturperioden versucht. Da der Verfasser
selbst zugibt, daß seine Arbeit dem Forscher nichts Neues bringt, wenden wir uns der geradezu
großartigen illustrativen Ausstattung zu, die der bestbekannte Braunschweiger Verlag bereits der
„Japanischen Kunstgeschichte" und nun wieder diesem Buche angedeihen ließ. Gegen zweihundert
treffliche Textabbildungen und acht ausgezeichnete Dreifarbendrucktafeln bringen eine imposante
Fülle von Illustrationsmaterial, das auch unabhängig vom Texte auf bleibenden Wert Anspruch
erheben kann und von allen Freunden japanischer Kunst gerne entgegengenommen werden wird. Und
wer wäre heute kein Freund japanischer Kunst. Die kritiklose Begeisterung für alles Ostasiatische,
und wenn es auch die schlimmste Exportware wäre, ist zwar bereits vorüber; dafür dringen wir
immer tiefer in die intimen Schönheiten ein und wissen immer höher die wirklichen Kunstholz-
schnitte, nicht deren wohlfeile Reproduktionen, zu schätzen, ebenso die entzückenden Inros,
Netzkes, Thubas usw., nicht zu vergessen die Keramik, allerdings nicht die schreienden, überladenen
modernen Satsuma-Steingutvasen, sondern besonders die feinen alten Teegeschirre. Jetzt erst beginnen
wir den bedeutenden vorbildlichen Wert aller guten Originalobjekte der Japaner zu würdigen,
wenn wir nicht etwa die oder jene Aeußerlichkeit, die vielleicht obendrein mit unseren Kultur-
anschauungen nicht im geringsten zusammenhängt, getreu nachäffen — wie dies leider auch die
Japaner der europäischen Kunst gegenüber tun —, sondern wenn wir an die Stelle des rohstoff-
lichen „Was" das „Wie" treten lassen und von den alten Japanern dort lernen und uns dort an-
regen lassen, wo sie uns noch immer viel zu sagen haben. In diesem Sinne begrüßen wir jede
Sammlung guter Vorbilder mit Vergnügen, namentlich wenn sie uns zu einem so wohlfeilen Laden-
preise dargeboten wird, wie dies hier von dem Westermannschen Verlage der Fall ist. p.

DEUTSCHE KERAMIK IM GERMANISCHEN MUSEUM, vonWalterStengel. (Sonderabdruck
aus den Nürnberger „Mitteilungen" 1908.)

Stengels Studie gehört erfreulicher Weise nicht zu den, leider so oft anzutreffenden Kompilations-
arbeiten, die die Fachliteratur so wenig fördern. Wenn man gerade auf dem Gebiete alter Töpfer-
kunst immer wieder mit Aufsätzen, ja mit ganzen Büchern gefüttert wird, die nichts Neues bringen,
sondern nur alte, von der Wissenschaft längst widerlegte Fehler ewig fortleben lassen, so freut
man sich, wieder einmal eine Schrift in die Hand zu bekommen, die von Fachkenntnis und Be-
herrschung der einschlägigen Literatur zeugt, aber darüber hinaus manche wertvollen Bereicherungen
unseres bisherigen Wissens bedeutet. Die keramische Sammlung des Nürnberger Germanischen
Nationalnvuseums bildet ja dort nicht gerade eine Hauptsache, kann sich somit keineswegs mit der
von Hamburg, Berlin, ja selbst manchen anderen Städten messen. Aber trotzdem verwahrt dieses
Museum nicht wenige, so hervorragende Stücke auf diesem Gebiete, daß ohne dieselben wichtige
Lücken unausfüllbar wären. Dies trifft zunächst für die Inkunabeln der deutschen Fayence zu,
denen Stengel daher auch besonders seine Aufmerksamkeit widmet; wir erfahren viel wertvolles
Neues über diese Gruppe, deren Zusammenhänge mit der späteren keramischen Produktion erst
dann voll werden gewürdigt werden können, wenn man nicht nur die Zwischenglieder von Hanau
und Frankfurt, sondern vor allem die ältere Prager Produktionsstätte besser als bisher wird über-
blicken können. Vorläufig hängen für uns die Meister BM oder AMC immer noch in der Luft,
obwohl sie nicht weit von Nürnberg tätig gewesen sein dürften. — Ein interessantes Kapitel ist
den Fayence-Hausmalern der Helmhackgruppe gewidmet; der Meister WR ist aber archivalisch
 
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