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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1908-1909

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Literarische Neuheiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7712#0111
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Literarische Neuheiten.

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immer noch nicht festgestellt. Am wertvollsten dürften die vielen neuen Aufschlüsse über die
Fayencen von Ansbach (Onolzbach) sein, die uns in mehreren Richtungen in ganz neuem Lichte
erscheinen, zumal hier auch ein umfangreiches Urkundenmaterial erschlossen wird. Aber auch die
Abhandlungen über das Verhältnis des fränkischen Steinzeugs zum rheinischen und sächsischen,
sowie über die noch verhältnismäßig bescheidene Porzellansammlung des Germanischen Museums
sind sehr lesenswert. Durch die Neuaufstellung der Nürnberger keramischen Sammlungen ist gewiß
das Interesse für dieses Sondergebiet an dieser Stelle neu belebt worden, und W. Stengel ist gewiß
der richtige Mann, nicht nur in dem weiteren Ausbau entsprechend einzugreifen, sondern auch
durch gewissenhafte Forscherarbeit die Ergebnisse der Allgemeinheit zugänglich zu machen. p.

DIE PLAUESCHE STEINZEUG-MANUFAKTUR, von Ernst Zimmermann. (Sonderabdruck
aus den Monatsheften für Kunstwissenschaft, Leipzig 1908.)

Nur recht dürftig waren bisher unsere Kenntnisse von der ersten Konkurrenzfabrik Meißens,
~— seit 1713 — und vor allem war es uns noch nicht möglich, ihre Erzeugnisse, die nie eine Marke
oder einen Stempel tragen, aus dem großen Kreise um Böttger herum einigermaßen klar zu er-
kennen. Beidem hilft nun der als gediegener Spezialist auf diesem Gebiete bestbeglaubigte Vor-
stand der Dresdener Kgl. Porzellansammlung ab, indem er die historischen Nachrichten auf Grund
eines wiedergefundenen alten Urbariums aus gräflich Königsmarckschem Besitze revidiert und indem
er — was noch wichtiger ist — die rotbraunen Steinzeugobjekte von Plaue mit feinem Stilgefühl
kritisch heraushebt. Bisher hießen alle diese Keramiken nicht nur im Kunsthandel, sondern auch
m den Museen kurz „Böttger" — ähnlich wie alle älteren Porzellanhausmalereien heute noch als
nBottengruber" herumlaufen —; nur die Bayreuth-Gruppe hatte sich schon vorher abgezweigt.
Hoffentlich gelingt es Zimmermann, der schon die feinen Unterscheidungen von China und Böttger
ausführlich und glücklich behandelt hat, nun zum Schlüsse auch noch, die holländische Serie mit
gleicher Schärfe abzutrennen, damit wir die Inkunabeln von Meißen, von allen fremden Bei-
mischungen geschieden, in ihrer ganzen künstlerischen Bedeutung voll würdigen können. p.

RIGA UND REVAL, von Wilhelm Neu mann. (Leipzig, E. A. Seemann, 1908.)

Die populären „Berühmten Kunstblätter", die jetzt im handlichen Taschenformat erscheinen,
sind abermals um ein ganz vorzügliches Bändchen bereichert worden. Bisher hatte man in dieser
Serie nur Moskau und Petersburg, während wir nun in die uns geographisch und kulturell näher
liegenden deut s ch - russischen Provinzen geführt werden und zwar gleich vom allerbesten Kenner
baltischer Kunst, von Professor Dr. Wilhelm Neumann in Riga, dem trefflichen, gewissenhaften und
unermüdlichen Mann, der einerseits als Kunsthistoriker und Museumsdirektor, andererseits als
Architekt und Professor d i e gegebene Persönlichkeit ist, uns die Wunder alter deutscher Hansakunst
in den Ostseeprovinzen zu erschließen. Wer die grundlegenden Werke durchgemacht, die Neu-
mann gerade über die künstlerische Vergangenheit dieser beiden Städte teils allein (1892), teils in
Gemeinschaft mit Nottbeck (1904) veröffentlichte, weiß genau, daß nur Neumann und kein anderer
der Berufene ist. Umsomehr muß man sich wundern, daß aus den dickleibigen Folianten ein
schmächtiges Taschenbuch geworden ist, in dem noch obendrein die 121 sicher gewählten und
tadellos reproduzierten Abbildungen einen breiten Raum in Anspruch nehmen. Aber Kürze ist
nicht nur „des Witzes Seele", Prägnanz ist auch eine der besten Eigenschaften, die ein Buch
haben kann. Begründungen und Beweisführungen, urkundliche Belege und vergleichende Denk-
mälerforschung konnte man ja diesmal leicht entbehren, da man dies alles in Neumanns früheren
Arbeiten finden kann. Diesmal ist es dem Verfasser und Verleger ausschließlich um eine fließende
Schilderung des ganzen Kultur- und Kunstlebens in großen Zügen zu tun, um Fernstehende mit
deutsch-russischer Vergangenheit vertraut zu machen, wie auch zum vorbereitenden Studium für
eine eventuelle Ostlandsreise. Daß nicht nur Architektur, Plastik und Malerei vom Mittelalter bis
ins 19. Jahrhundert ihre ausgezeichnete Würdigung erfuhren, sondern daß Neumann trotz des ge-
ringen, ihm zur Verfügung stehenden Raumes auch das alte Kunstgewerbe, und speziell als
besonderer Kenner die alte Goldschmiedekunst in diesem, wirklich allgemein empfehlenswerten
Buche ausgiebig zu berücksichtigen wußte, sei ihm besonders hoch angerechnet. p.

„BERÜHMTE KUNSTSTÄTTEN" (Verlag E. A. Seemann), werden sich im handlichen Taschen-
format, wie sie seit dem Bändchen Nr. 41 erscheinen, zweifellos zu ihren zahlreichen alten Freunden
noch mehr neue erwerben, namentlich wenn der Verlag in der Wahl der Städte so glücklich ist.
Zum vorbereitenden Studium für eine Reise, sowie nach einer solchen zum Nachgenuß und zur Ver-
tiefung aller gewonnenen Eindrücke war auch die bisherige stattliche Serie sehr willkommen; ein-
zelne Bände haben schon wiederholte Neuauflagen erforderlich gemacht. Nun werden diese
Bändchen in ihrem neuen bequemen Formate auch als Reisehandbücher selbst verwendet werden
können, zu welchem Zwecke ihnen, vielleicht im Anhang, noch ein guter neuer Stadtplan nebst
einigen Seiten mit den wichtigsten Fremden-Auskünften leicht beigeheftet oder wenigstens nur lose
beigelegt werden könnte. — Der Inhalt der neuesten fünf Bändchen, von denen ich jenes über
Kiga und Reval schon oben vorwegnahm, ist ungemein abwechslungsreich, was schon die Auf-
einanderfolge des alten Athen und des modernen Berlin kundtut. Daß die älteste Kunstzentrale
unseres Kontinents erst jetzt (als Nr. 41) erscheint, hängt offenbar nur mit äußeren Voraussetzungen
zusammen und lag gewiß nicht in der Absicht des Verlags. Aber Eugen Petersen, der uns in
die reiche Kunst Vergangenheit der Hellenen einführt, hatte ja erst für dieselbe Serie das alte Rom
zu behandeln und zwar dreimal nacheinander. Dieselbe gediegene Fachkenntnis auf archäologischem
Gebiete, dieselbe Kunst, die Riesensumme des literarischen Materials auf dritthalbhundert Seiten
zusammenzufassen und doch nichts wirklich Hervorragendes unter den Tisch fallen zu lassen,
zeigt sich auch in dem neuen Buche über Athen, das gewiß einen ebenso großen Absatz finden
yird. — Neben dem alten Athen erscheint die Aufnahme Berlins unter die berühmten Kunststätten
im ersten Moment etwas befremdlich, und lange Zeit war auch erforderlich, ehe sich der Bearbeiter
für diese „undankbare" Aufgabe gefunden; aber gerade Max Osborn, ein durchaus Moderner,
 
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