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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins.
Boden ein Haus üblich gewesen zu sein, das nur in Einzelheiten und in der
Ausstattung, Heizung und dergl. primitiver war. Ja schon in römischer und
sogar in vorrömischer Zeit ist ein solches denkbar. Denn die Alten verstanden
Spuntwände zu fügen, auch ohne daß sie die Brettersäge und den Nuthobel
kannten. Das steile vierflächige Walmdach mit Strohdeckung auf Latten, Rafen,
Firstbaum und Firstsäulen ist offenbar (ebensogut als das flache Satteldach mit
Bretterdeckung über offenen oder geschlossenen Giebeln) eine uralte Dachform,
31. Oberschwäbischcr Amtshof in "Wolfegg OA. Waldsee. Aufnahme von J. Cades.
abgeleitet aus dem zeltförmigen Dach, das auf quadratischer wie auf kreis-
runder Grundlage nur einer einzigen Firstsäule bedarf; und noch nahestehend
der Urform des Dachhauses, ohne aufgehende "Wand, der Zelthütte. Diese
Dachform ist nicht nur an vorgeschichtlichen hausförmigen Urnen nachge-
bildet, sondern auch an gezimmerten Grabkammern in fürstlichen Grabhügeln.
Die Firstsäulen sind nicht nur im altdeutschen Haus der Stammeszeit nach-
zuweisen aus Rechtsquellen, die ihrer gedenken, sondern auch aus dem klassi-
schen und keltischen Altertum, aus der hebräischen Bibel und den indischen
Veden. Sie sind eine uraltertümliche Einrichtung ohne irgendwelche nationale
Bedeutung. In Schwaben, auch in Niederschwaben am Nordfuß der Alb hat
sich für die hie und da noch übrigen Firstsäulen der Name „Katzenbaum''
erhalten (obwohl ja eigentlich die Katze auf dem Firste läuft).
Heute noch hat das bosnische Haus, dem freilich Stall und Scheuer fehlen,
Aehnlichkeit mit dem primitiven oberschwäbischen. Kein Zufall ist es wohl,
daß auch das Haus des merkwürdigen, konservativen Hotzenstamms im süd-
lichen Schwarzwald mit unserem Typus verwandt erscheint (nur erweitert
durch die sogenannten Schildwände). Hier wie dort sitzen Nachkommen von
Welschen aus der Römerzeit.
Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins.
Boden ein Haus üblich gewesen zu sein, das nur in Einzelheiten und in der
Ausstattung, Heizung und dergl. primitiver war. Ja schon in römischer und
sogar in vorrömischer Zeit ist ein solches denkbar. Denn die Alten verstanden
Spuntwände zu fügen, auch ohne daß sie die Brettersäge und den Nuthobel
kannten. Das steile vierflächige Walmdach mit Strohdeckung auf Latten, Rafen,
Firstbaum und Firstsäulen ist offenbar (ebensogut als das flache Satteldach mit
Bretterdeckung über offenen oder geschlossenen Giebeln) eine uralte Dachform,
31. Oberschwäbischcr Amtshof in "Wolfegg OA. Waldsee. Aufnahme von J. Cades.
abgeleitet aus dem zeltförmigen Dach, das auf quadratischer wie auf kreis-
runder Grundlage nur einer einzigen Firstsäule bedarf; und noch nahestehend
der Urform des Dachhauses, ohne aufgehende "Wand, der Zelthütte. Diese
Dachform ist nicht nur an vorgeschichtlichen hausförmigen Urnen nachge-
bildet, sondern auch an gezimmerten Grabkammern in fürstlichen Grabhügeln.
Die Firstsäulen sind nicht nur im altdeutschen Haus der Stammeszeit nach-
zuweisen aus Rechtsquellen, die ihrer gedenken, sondern auch aus dem klassi-
schen und keltischen Altertum, aus der hebräischen Bibel und den indischen
Veden. Sie sind eine uraltertümliche Einrichtung ohne irgendwelche nationale
Bedeutung. In Schwaben, auch in Niederschwaben am Nordfuß der Alb hat
sich für die hie und da noch übrigen Firstsäulen der Name „Katzenbaum''
erhalten (obwohl ja eigentlich die Katze auf dem Firste läuft).
Heute noch hat das bosnische Haus, dem freilich Stall und Scheuer fehlen,
Aehnlichkeit mit dem primitiven oberschwäbischen. Kein Zufall ist es wohl,
daß auch das Haus des merkwürdigen, konservativen Hotzenstamms im süd-
lichen Schwarzwald mit unserem Typus verwandt erscheint (nur erweitert
durch die sogenannten Schildwände). Hier wie dort sitzen Nachkommen von
Welschen aus der Römerzeit.