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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1908-1909

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H.-C., .../von: Heinrich Schickhardt der Baumeister von Herrenberg: zu seinem 350. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.7712#0145
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Heinrich Schickhardt.

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seines Heimatlandes drang, dafür zeugt der Umstand, daß er für den Herzog
von Sachsen einen „Abriß zu einem gewaltigen, grosen Schloß und einer newen
Hofkürch" entwerfen mußte. Ebenso wandte sich Erzherzog Maximilian wegen
der Anlage einer Festung zu Innsbruck an ihn; die Stadt Worms wünschte
einen Befestigungsplan, die Stadt Basel seinen Rat wegen eines geborstenen
Rheinbrückenpfeilers. Daneben wurden seine reichen Kenntnisse und Erfahr-
ungen noch für manche andere Arbeiten in Anspruch genommen. So wurde
er im Jahre 1598 von Herzog Friedrich aufgefordert, zwecks Prüfung eines
schon damals stark in Anregung gebrachten Projektes der Schiffbarmachung
des Neckars von Heilbronn bis Cannstatt, diesen Fluß genau aufzunehmen
und ein Gutachten darüber abzugeben. Mit Hilfe seines Bruders entledigte
sich Schickhardt dieses Auftrages in „vierthalb Tagen", zu vollster Zufrieden-
heit des Herzogs, der ihm „für 3lls Tag Arbeit 80 bahrer gülden verehrt"
hat. Kurzum, es gab keinen Zweig der Bautätigkeit, in der er sich nicht
mit Erfolg versucht hätte. So blieb denn auch die äußere Anerkenn-
ung nicht aus, die diesem trefflichen Manne von Seiten seiner zahlreichen Auf-
traggeber zuteil wurde, denen er, wie er es selbst bezeugt, „mit vielvaltigen
Reisen, auch groser Mieh, Arbait und Fleiß gedient" hat. Alle diese Belohn-
ungen und Geschenke hat er gewissenhaft beschrieben, abgebildet und koloriert;
es befinden sich darunter Pokale, Ringe, Degen, Hirschfänger, silberne Löffel
und dergleichen, die durch die Mannigfaltigkeit ihrer Formen von großem
Interesse sind.

Die letzten Lebensjahre Schickhardts, der auch als Mensch infolge der
Lauterkeit seines Charakters die höchste Achtung verdient, wurden durch die
Wirren des 30jährigen Krieges getrübt und er selbst sollte ein Opfer jener
unglückseligen Zeit werden. Vor den feindlichen Truppen zog er sich nach
Herrenberg zurück, wo er, von einem Soldaten durch einen Degenstich lebens-
gefährlich verletzt, nach 20 Tagen am 31. Dezember 1634 als 76jähriger Greis
sein arbeitsreiches und gemeinnütziges Leben beschloß. v. H. c
 
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