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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 45.1918-1921(1921)

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Zedler, Gottfried: Kritische Untersuchungen zur Geschichte des Rheingaues
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III. Der Pfarrbezirk Geisenheim
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2. Marienthal
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https://doi.org/10.11588/diglit.60615#0260

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240

ÜI. Der Pfarrbezirk Geisenheim

bezeichnet ist. Der Inhalt der Urkunde bewegt sich zu sehr in Allgemein-
plätzen, als dass der Fälscher hier zu fassen wäre. Desto mehr aber stellt
er sich bloss in Bezug auf äussere, anscheinend gleichgültige Kleinigkeiten.
Dazu gehört die Angabe über die Siegel, die der Urkunde angeblich angehangen
haben sollen, Adpp. 3 sigg. Illud Mergenthaltens, exhibit B. Virg. cu puero,
sub substruct. goth. affabre concinnata, stantem etc. Es ist uns allerdings
kein einziges Marienthaldr Siegel erhalten, aber dies Bodmann’sche Siegel
ist ohne allen Zweifel ebenso sehr ein reines Phantasiegebilde, wie sein Gottes-
thaler Siegel, dessen Unmöglichkeit ich oben (S. 63) dargetan habe. Krätzinger
in seinem Versuch einer Geschichte des Kugelhauses zu Butzbach (Archiv für
hess. Geschichte u. Altert. 10, 48—93) hat übrigens dieser Bodmann’schen
Fälschung die Ehre eines nochmaligen Abdrucks zu teil werden lassen.
In der Urkunde des Erzbischofs Johann Schweikhart von 1626 (Würdt-
wein, D. M. II, 280) führt dieser eine frühere Urkunde vom 3. Dezember 1612
an, in der bei der damals erfolgten Überweisung des Klosters Marienthal an
die Jesuiten gewisse wenige Gefälle zurückbehalten worden seien, die, einzeln
aufgeführt, noch der früheren Schenkung hinzugefügt werden. Bodmann
(S. 215) hat sich auch diese Gelegenheit nicht entgehen lassen und, ebenso
wie für St. Bartholomä zu Winke], mit Hilfe der späteren erhaltenen Schweik-
hart’schen Urkunde auch hier die frühere nicht erhaltene rekonstruiert. Die
Tatsache der Fälschung ist hier zwar in nicht so handgreiflicher Weise wie
dort nachzuweisen, allein die Unechtheit der Urkunde wird doch sicher genug
erkannt. Schon die Unterschrift des Erzbischofs, die in den echten Urkunden:
„Joannes Schwickardus“ ist, während die vorliegende Urkunde ebenso wie
jene Bodmann’sche Fälschung für St. Bartholomä „Jo. Suicardus“ hat, ist dafür
bezeichnend. Dazu kommt, dass der in der späteren Urkunde über den Inhalt
der früheren angegebene Vermerk, dass dem Kollegium das Kloster, „samt
gebäu und zugehörige äcker, garthen, wiesen, placken, Weingarten und drey
unterschiedliche gehöltze und busch“ übergeben sei, nicht weniger als dreimal
in der Urkunde Bodmanns verwertet ist. Dabei ist ihm der Irrtum unter-
gelaufen, dass er jedesmal „Wiesenplacken“ zu einem Wort zusammengezogen
hat, während es doch in der späteren Urkunde bei Würdtwein zwei selb-
ständige Worte sind, mit denen sich auch verschiedene Begriffe verbinden.
Denn Placken bedeutet nur Fleck und zwar sowohl Acker- wie Wiesenfleck
(vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch unter „Plack“ Nr. 3). Es versteht sich
aber von selbst, dass den Jesuiten zunächst ganze Wiesen und daneben noch
einige Placken, seien es nun Acker- oder Wiesenplacken, überwiesen worden
waren. Anstelle der Formel in der späteren Urkunde „befehlen demnach allen
und jeden unsern angehörigen geist- und weltlichen ober und unter beambten,
dienern und unterthanen“ usw. hat Bodmann „befehlen demnach vnseren Vice-
schreibern, Landschreibern, Gewaltspotten, auch andern Geist- vnnd weltlichen
Beampten, Vnnser Landes des Rheingaws ytzigen vnnd künftigen offtgedachte
Societet Jesu bey dem“ usw., die. wie der Vergleich zeigt, wörtlich der echten
Schweickhart’schen, St. Bartholomä betreffenden Urkunde (Würdtwein II, 285)
entnommen ist.
 
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