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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 45.1918-1921(1921)

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Zedler, Gottfried: Kritische Untersuchungen zur Geschichte des Rheingaues
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III. Der Pfarrbezirk Geisenheim
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2. Marienthal
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https://doi.org/10.11588/diglit.60615#0259

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Marienthal

239

nebeneinander bestanden haben ? Auch in diesem Falle ist das angebliche
lateinische Zitat nichts weiter als ein Zusatz Bodmanns, der den Inhalt der
ihm bekannten gefälschten Urkunde von 1429 in dieser unauffälligen Weise
wiederzugeben für gut befand. Dass er, mit der rheingauischen Geschichte
wie kein anderer vertraut, nicht über den bereits 1429 in der Klause befind-
lichen, von einem Marienthaler Vikar bedienten Johannisaltar gestolpert sein
sollte, und diese Urkunde daran nicht sofort als das erkannt hätte, was sie
ist, wird niemand glauben wollen. Aber eine Krähe hackt der anderen nicht
die Augen aus. Bodmann hat sich wohlweislich gehütet, die Urkunde von
1429 im Wortlaut mitzuteilen, sondern sich mit der bereits oben angeführten
kurzen jind unverfänglichen Inhaltsangabe begnügt. Anstatt die Unechtheit
der Urkunde aufzudecken, sucht er das falsche Spiel durch das Vorspiegeln
zweier in dem Jesuitenaufsatz vorhandener, miteinander unvereinbarer Berichte
möglichst zu verschleiern.
Die Urkunde von 1463 über die Überlassung Marienthals an die Kugel-
herren hat Bodmann auch selbst nicht als Fälschung erkannt. Er würde es
sonst vermieden haben, den Anschein zu erwecken, als wenn er nicht nur
die Urkunde Erzbischof Adolfs, sondern auch die darin transsumierte Urkunde
der drei Adeligen von Büdesheim im Original vor sich gehabt hätte.
Auf S. 217 spricht Bodmann von einer überaus seltenen, im 15. Jahr-
hundert gedruckten kleinen Schrift Decor mariane vallis in Ringauia, ohne Druck-
ort, 8°, 32 S., die wahrscheinlich aus der Marienthaler Presse stamme und das
Historische dieses Ortes enthalte. Falk (Die Presse zu Marienthal im Rhein-
gau, S. 25), der die Angaben Bodmanns noch als zuverlässig betrachtet und
seine geschichtlichen Nachrichten über Marienthal arglos dessen Rheingauischen
Altertümern entnommen hat, hat diese Schrift unter den Erzeugnissen der
Marienthaler Presse tatsächlich aufgeführt, obschon er sie trotz emsigen Suchens
nicht auffinden konnte. Wir haben es aber hier unzweifelhaft mit einer bloss
fingierten Schrift zu tun, bei der es sich höchstens fragen kann, ob sie von
Bodmann selbst oder von den Jesuiten erfunden ist. Mir scheint das erstere
das Wahrscheinliche, denn die Jesuiten haben sich nur dann einer Fälschung
schuldig gemacht, wenn sie damit auch reale Zwecke zu fördern hoffen konnten.
Wenn Bodmann rücksichtlich der Marienthaler Überlieferung bisher,
abgesehen von dem Ablassbrief von 1361 und den von ihm in den Jesuiten-
aufsatz eingefügten weiteren Zutaten mehr als Hehler, denn als Stehler' der
Wahrheit auftritt, so liegt in der (S. 217 f.) mitgeteilten Urkunde über das am
25. Juni 1471 abgehaltene Generalkapitel der drei Bruderhäuser zu Marienthal,
Königstein und Butzbach sein eigenstes Fabrikat vor. Er hat dazu die oben
unter Nr. 7 angeführte, bei Gudenus (IV, 388) abgedruckte Urkunde als
Unterlage benutzt. In dieser Urkunde vom 20. Jani 1471, in der über die
für das Generalkapitel abzuordnenden Teilnehmer beschlossen wird, heisst
Marienthal vallis S. Marie. Es ist doch nicht grade wahrscheinlich, dass es
in dem nur wenige Tage darauf veröffentlichten Protokoll des Generalkapitels,
wie es in der Bod mann’schen Urkunde vorliegt, Mergendal genannt sein soll,
zumal in der Urkunde doch das Haus Springborn auch als dormis fontis salientis
 
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