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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 45.1918-1921(1921)

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Zedler, Gottfried: Kritische Untersuchungen zur Geschichte des Rheingaues
DOI Artikel:
VII. Der Rheingau als Ganzes
DOI Kapitel:
1. Einzelne Urkunden
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https://doi.org/10.11588/diglit.60615#0315

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Einzelne Urkunden

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sein, dass Bodmann den Inhalt dieses Schriftstückes nicht frei erfunden,
sondern anderswo entwendet hat, das Schreiben als solches ist aber zweifel-
los untergeschoben. Auch Vogt (I, 393) bezeichnet den Stil, verglichen mit
dem der anderen Urkunden Gerhards, als mindestens auffallend.
An Hand von Urkunden der Jahre 1354, 1360, sowie 1357 und 1386
teilt Bodmann (S. 260) die Rekognitionsformel rheingauischer Dienstleute
über ihre Dienstmannschaft mit, das Bekenntnis, dass sie sich darüber bebuse-
met, d. h. ihre rechtmässige Abstammung von erzstiftischen Dienstmanns-
geschlechtern *den Dienstherren gehörig erwiesen haben, sowie die Formel der
von letzteren darüber ausgestellten erzstiftischen Zeugnisse. Auch hier haben
wir es mit einem Bodmann’sehen Fabrikat zu tun. Den Begriff und Aus-
druck „bebusemen“ hat er wohl demCröwer Weistum (Grimm II, 376) entlehnt,
dessen ausgedehnte Verwertung für eine andere von ihm gefälschte Urkunde
ich noch weiter unten unter den mit dem Eltviller Oberhof in Zusammenhang
stehenden Fälschungen nachweisen werde. In echten Mainzer Urkunden habe
ich keine Spur dieses Wortes entdecken können; auch ist es an sich doch
ganz unwahrscheinlich, dass die erzstiftischen Dienstleute erst auf diese Weise
ihre Beglaubigung hätten erbringen müssen.
Erzbischof Gerlach gewährt nach Bodmann (S. 498 f.) 1356 den Bürgern
im Rheingau die Freiheit, bei Klagen wegen Schuldforderungen den Eid durch
zwei Landschöffen auf der Lützelaue leisten zu lassen und bei Beraubungen
oder Diebstahl den Schuldigen vor den Erzbischof oder dessen Vertreter fordern
zu können (Sr 2806). Was den letzteren Punkt betrifft, so handelt es sich um
etwas Selbstverständliches, was nicht erst urkundlich bestätigt zu werden brauchte.
Wird dadurch die Urkunde schon verdächtig, so wächst dieser Verdacht, wenn
wir sie bezüglich ihrer Datierung mit den gleichzeitigen erzbischöflich mainzischen
Urkunden vergleichen. Es heisst hier: „an sant Pawlsabent do er bekart war.“
Der Erzbischof befand sich damals in Erfurt. Vigener I, 517 heisst es:
„Fritag vor sentte Paulstag des aposteln als er bekart wart“, ebd. 525: „an
sente Pauli apostoli tage als her bekart wart“, ebd. 528: „mittewochin nach
sente Pauli apostoli tage als her bekart wart.“ Bei 517 und 528 haben wir
es mit erzbischöflichen oder doch im Namen des Erzbischofs ausgestellten
Urkunden zu tun. Es ist nun aber doch merkwürdig, dass es in der vor-
liegenden Urkunde (ebd. 520) „sant“ statt „sente (sentte)“, „Pawls“ statt „Pauls
des apostoln“ oder „Pauli apostoli“ und „bekart war“ statt „bekart wart“ heisst.
Allerdings schreibt Sauer: „an s. Pawels abent da er bekart wart“. Damit
wären zwei Steine des Anstosses, die die Datierung bietet, allerdings beseitigt,
wenn dies Zitat, dem doch auch nur Bodmanns Rheingauische Altertümer
zu Grunde liegen, eben nicht ungenau wäre.90) Da zugleich der Inhalt der
Urkunde mehr als fragwürdig ist, so dürfen wir sie als untergeschoben
ansehen.
90) Es ist, wie wir bereits oben (8. 117) unter Eltville sahen, ausserordentlich wertvoll,
dass die Fortsetzer del* Böhmer’sehen erzbischöflich mainzischen Regesten in der Wieder-
gabe der Datierung sich genau an den Wortlaut der Quelle halten.
 
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