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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 1.1926/​1927

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Wichert, Fritz: Zeitwende - Kunstwende
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https://doi.org/10.11588/diglit.17290#0023

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ARCHITEKTUR

ALS AUSDRUCK DER KULTUR

Bild 26. SIEDLUNG OUD MATHENESSE.
ROTTERDAM 1923. Luft, Licht, Weite,
neue Menfchlichkeit.

gewaltiges Erneuerungsbedürfnis die Allgemeinheit ergriffen, als ftünde man
allerorten bereit, aus einer Vergangenheit auszuwandern, in der man fich der
Hoffnungslofigkeit überliefert fühlte. Wir glauben, dafj der Menfch ohne idea-
liftifche Zielfetjung nicht leben kann und vereinigen uns zur Gewinnung der
Aufwärtslinie.

Wie hängt nun die Zeitwende mit der Kunft zufammen? Wird fie uns wieder
Einheitlichkeit des Ausdrucks bringen und uns von der Melancholie des Wirr-
warrs befreien? Wir zweifeln nicht mehr daran. Wer erkannt hat, wie mannig-
faltig zum Beifpiel die Formgebung der Baukunft von den Strömungen des
Gefellfchaftslebens, feinen Antrieben und Gefetjen abhängig ift, wie gerade
in ihr Weltanfchauung kriftallinifchen Niederfchlag findet, wird in der Entwick-
lung der Baukunft von heute vielleicht am allerklarften den Anbruch eines
neuen Zeitalters erkennen können. Wir möchten nun unfere Betrachtungen
über die Zufammenhänge der Zeitwende mit dem Geftaltwandel der Kunft
an einer dreigeteilten Formel erläutern. Daserfte, was befonders für die Archi-
tektur wichtig geworden ift, fei bezeichnet als: „Die neue Phyfik des Geiffes",
das zweite als die „grofje Klärung des Gegenfatjes", das dritte als „die neue
Menfchlichkeit".

Es ift den Menfchen meiftens nicht bewufjt, in welchem Umfang ihr Denken
und Fühlen durch die technifchen Errungenfchaften der letjten Jahrzehnte ge-
wandelt wurde. Den gewaltigffen Umfchwung hinfichtlich Form und Rhythmus
unferer geiftigen Tätigkeiten haben uns diejenigen Erfindungen gebracht,
I die auf unfer Verhältnis fowohl zu Raum und Zeit als auch zur Materie Bedeutung

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