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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 1.1926/​1927

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Wichert, Fritz: Die städtische Kunstschule
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https://doi.org/10.11588/diglit.17290#0098

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Bild 7: RICHARD SCHEIBE, BRONZE

Talent kann durch die Erziehung zur geftaltenden Ehrlichkeit für die Gefamt-
heit wertvoll werden. Eine Schule dagegen, die in diefem Punkt verfagt, hat
tatfächlich ihre Dafeinsberechtigung verloren. Sie ftiftet mehr Schaden als
Nufyen. Deshalb fuchen wir unfere jungen Architekten, Möbelkünftler, Typo-
grafen, Metalltechniker unter allen Umftänden dahin zu bringen, in allen Ent-
würfen vom Notwendigen auszugehen, die Schlichtheit nicht zu fcheuen und
dem Drang individualiftifcher Neigungen zu mifjtrauen. Zurückhaltung im
Ornamentalen, Erforfchung neuer Bauftoffe und Baumethoden, Pflege des
Typifchen.

Zielt fo die Lehre in diefer Abteilung auf das Schaffen des Notwendigen,
Gültigen, Echten, fo fteht in der Abteilung für freie Kunft keine Handleitung
von folcher Einfachheit zu Gebote. Aber auch hier ift fie unerläßlich. Kunft-
erziehung, die zu viel mit Vorbildern operiert, endigt oft genug beim Stilifieren
und Imitieren. Stil bildet fich,wenn wir ihn nicht wollen, wenn Erlebniffe mit
lerjter Reinheit ausgefprochen werden können. So lehren wir, dafj es darauf
ankomme, neues Sein zu fchaffen, nicht neue Formen. Zu realifieren, nicht
zu ftil if ieren.Wenn das Ergebnis mit Wahrheitsgewalt zum Ausdruck gelangt,
bildet fich das Formgefetj von (elbft. Da wir Stile und Formeinheiten wie
Maskenkleider maffenhaft im Schrank hängen haben, iftesbeffer, überhaupt

Bild 8: RICHARD SCHEIBE, AKT

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