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Heinitz, Wilhelm: Irrationale Prophezeihungen dem Jazz
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.17290#0192
IRRATIONALE PROPHEZEIHUNGEN DEM JAZZ
Von Dr. Wilhelm Heinifj, Hamburg
Jazz marfchiert. Jazz wird fiegen. Und wir? Die alte und die neue Mufik? Der
fcharfgeprägte Schritt der Klaffik? Von Johannes Stamirj bis Beethoven? Die
rofenrote Romantik bis in die Gipfel des Baumes Arnold Schönberg? Die
jenfeits des Erfühlens ftehen wollende Mufik der dikfaforifchen Klanggefte
von morgen vormittag? — Ordnen wir das Chaos unferer Reflexionen! Serjen
wir ein Leitmotiv in unfere Gedanken: Entfeffelung des Klanges.
Wovon reden wir? Nicht von der Mufik, wie fie geftern war. Wenig von ihr,
wie fie ift. Mehr davon, wie fie fein wird. Ein Horofkop des Klanglichen. Ge-
bellt aus irrationalen Zeichen. Alfo felbft irrational. Diefes Irrationale wird die
Hoffnung aller Äfthetik fein. Bauten unfere Urväter nach Nord oder Süd, unfere
Väter nach Oft, Weft oder Nadir, alfo in die Tiefe: Wir bauen zenithwärts,
hinauf!
Aber der Tempel wird einftürzen, wenn wir die Steine nicht kennen, die wir
behauen. Wir fürchten zwar nicht aufgehobene Stütjen behäbiger Laft. Denn
unfere Laft foll fchweben und fchwingen. Der Mufikant von heute möchte fich
befreien von ffatifchen Verträgen um den Angelpunkt müder Dominanten.
Er will nicht mehr romantifche Akkorde unter die Taften, Klappen, Bogen und
Plektren fäufelnder und pofenhaft trällernder Inftrumente bafteln. Der Mufikant
von heute fucht die Dämonie der Töne, wo er fie findet, um fie in das Schalt-
Bild 25: BLICK IN DIE APPARATUR EINES ME-
CHANISCHEN MUSIKINSTRUMENTES. (Jazz*
Mufik.) Eine durchlochte Papierrolle bringt ein
ganzes Orchefter zum Erklingen. Das kompli-
zierte Röhrenfyftem leitet die angefaugte Luft
zu dem entfprechenden Inftrument oder Schlag:
werk, welches durch pneumatifche Auslösung
zum Tönen gebracht wird. Tonftärkeund Rhyth-
mus wird genau nach den Intentionen des
Komponiften wiedergegeben.
Von Dr. Wilhelm Heinifj, Hamburg
Jazz marfchiert. Jazz wird fiegen. Und wir? Die alte und die neue Mufik? Der
fcharfgeprägte Schritt der Klaffik? Von Johannes Stamirj bis Beethoven? Die
rofenrote Romantik bis in die Gipfel des Baumes Arnold Schönberg? Die
jenfeits des Erfühlens ftehen wollende Mufik der dikfaforifchen Klanggefte
von morgen vormittag? — Ordnen wir das Chaos unferer Reflexionen! Serjen
wir ein Leitmotiv in unfere Gedanken: Entfeffelung des Klanges.
Wovon reden wir? Nicht von der Mufik, wie fie geftern war. Wenig von ihr,
wie fie ift. Mehr davon, wie fie fein wird. Ein Horofkop des Klanglichen. Ge-
bellt aus irrationalen Zeichen. Alfo felbft irrational. Diefes Irrationale wird die
Hoffnung aller Äfthetik fein. Bauten unfere Urväter nach Nord oder Süd, unfere
Väter nach Oft, Weft oder Nadir, alfo in die Tiefe: Wir bauen zenithwärts,
hinauf!
Aber der Tempel wird einftürzen, wenn wir die Steine nicht kennen, die wir
behauen. Wir fürchten zwar nicht aufgehobene Stütjen behäbiger Laft. Denn
unfere Laft foll fchweben und fchwingen. Der Mufikant von heute möchte fich
befreien von ffatifchen Verträgen um den Angelpunkt müder Dominanten.
Er will nicht mehr romantifche Akkorde unter die Taften, Klappen, Bogen und
Plektren fäufelnder und pofenhaft trällernder Inftrumente bafteln. Der Mufikant
von heute fucht die Dämonie der Töne, wo er fie findet, um fie in das Schalt-
Bild 25: BLICK IN DIE APPARATUR EINES ME-
CHANISCHEN MUSIKINSTRUMENTES. (Jazz*
Mufik.) Eine durchlochte Papierrolle bringt ein
ganzes Orchefter zum Erklingen. Das kompli-
zierte Röhrenfyftem leitet die angefaugte Luft
zu dem entfprechenden Inftrument oder Schlag:
werk, welches durch pneumatifche Auslösung
zum Tönen gebracht wird. Tonftärkeund Rhyth-
mus wird genau nach den Intentionen des
Komponiften wiedergegeben.