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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 1.1926/​1927

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Neisser, Max: Das flache Dach vom Standpunkte der Hygiene
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https://doi.org/10.11588/diglit.17290#0240

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Bild 24: LIMMATUFER Zürich (ZINNEN)

DAS FLACHE DACH VOM STANDPUNKTE DER HYGIENE

Von Prof. Dr. med. M. Neilfer, Geh. Medizinalrat, Frankfurt a. M.

Dafj für die Äußerung des medizinifchen Hygienikers die technifche und die
äfthefifche Frage ausfcheiden müffen, liegt auf der Hand. Um zu verlangen,
dafj ein Dach völlig wafferdicht fein mufj, ift es nicht nötig, fich auf das Gut-
achten eines Hygienikers zu berufen, und ebenfowenig wird man fein Urteil
einholen, um zu entfcheiden, ob etwas „fchön" oder „häfjlich" fei. Hier wird
allein die Frage zu behandeln fein, ob unter dem flachen Dach die Wärme-
verhältniffe in einem bewohnten Räume hygienifch günftiger oder ungünftiger
liegen als unter einem fchrägen Dach; denn nur Einflufj auf die Wärmever-
hältniffe kann in Betracht kommen.

Nun ift der Ausdruck „flaches Dach" nicht eindeutig. Er bezeichnet einmal den
Gegenfab zum Steildach, zum fchrägen Dach; in diefer Hinficht ift es bekannt-
lich weder bei uns noch im Ausland etwas Neues. In faft jeder größeren Stadt
gibt es oder gab es Häufer, Paläfte, ganze Strafjenreihen mit flachen Dächern
und in Italien und in anderen füdlichen Ländern find fie noch viel häufiger.
Bei uns, alfo etwa unter dem 50. Breitengrade, fteht die Sonne in ihrem
Höchftftande etwa 63-64° und am Mittag des kürzeften Tages etwa 16-17° über
dem Horizont. Alfo nicht das flache Dach, fondern das fchräge, nach Süden,
Südoft-oder Südweften, Nordoft- oder Nordwesten geneigte Dach bietet den
Sonnenftrahlen die günftigfte Angriffsfläche. Eine intenfivere Beftrahlung hat
das flache Dach alfo nicht als das fchräge Dach. Es ift aber garnicht die Flach-
heit des neuen Daches, fondern das Fehlen des Dachbodens, was für uns neu
und auf den erften Blick vielleicht hygienifch bedenklich ift. Der Dachboden
ift charakteriftifch für das mittelalterliche deutfche Bürgerhaus, deffen Speicher
er darftellt. Er ift auch der Wärmefpeicher. Im Sommer forgt die Sonne, im
Winter forgen durchgehende Kamine für feine Erwärmung; die grofje Luft-
menge, die ein vorzüglicher Ifolator ift, hält die Wärme; die wenigen, meift
gefchloffenen Fenfterchen forgen für ein genügendes Stagnieren der Luft im
Dachboden. So find denn in der Tat die im Dachgefchorj liegenden Zimmer
(Dachwohnung, Manfardenzimmer) im Winter verhältnismäßig warm und man
wird lange Zeit in folchen Zimmern ohne Heizung auskommen können, fodafj ^.
fogar leider auch in folchen Zeiten nicht geheiztwird — weil fie nämlich häufig irt ^m^tm nl
überhaupt nicht heizbar find -, in denen fchon fehr ftarke Abkühlung durch
Frontwände ftaftfindet. Die Wärmefpeicherung im Dachboden macht fich aber
in folchen Zimmern während des Sommers fehr unangenehm bemerkbar,

deren Abkühlung in den Nächten und an kühleren Tagen fie verhindert. Kommt SB ?jjj^~Z5

dann vielleicht noch Beftrahlung der Frontwand oder reichliche Wafferdampf-

entwicklung durch viele Menfchen, durch Kochen oder Wäfchewafchen hin- I

zu, - und alles das bei unzureichender Lüftung, wie fie eben bei Zimmern, i ld26 zinkdach

die im Dachboden eingebaut find, die Regel ift — lo ergeben fich in folchen des Frankfurter Opernhauses

Bild 25: strasse in Zürich (Zinnen)

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