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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 1.1926/​1927

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Migge, Leberecht: Das grüne Dach
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https://doi.org/10.11588/diglit.17290#0246

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das zarte Gewächs zwifchen dem kalten Geftein üppiger und füdlicher aus.
Wir kennen ganz unwahrfcheinliche Eindrücke von Dachgärten bis hinauf in
den hohen Norden.

Dabei ift die Auswahl der Arten, die in unferen Dachgärten gedeihen, keines-
wegs gering. Sie ift nicht etwa nur auf die üblichen Dauerfchlinger wie Gly-
cinien, Rofen, wilder Wein und andere und nicht nur auf die fattfam bekannten
Balkonpflanzen wie Geranien, Betunien, Hängenelken u. a. befchränkt. Wir
haben da vor allen Dingen die einjährigen Blumen und Schlinger, die fich
hierfür befonders eignen, die Kreffe, Löwenmaul, Phlox, Studenten-Blume,
Ziertabak und viele andere, ja, feibft höhere und höchfte Arten, wie Wun-
derblume und Sonnenblume, dann Wicken, Winde, Hopfen und vor allen
Dingen die herrlichen und herrlichwucherndenCobaeen.Desweiterenkommen
befonders die alten halbvergeffenen Kübelpflanzen wie: Oleander, Orangen,
Granaten zur Belebung des Dachgartens in Betracht, die zufammen mit den
hier befonders gut gedeihenden Kakteen und Suculenten eine feltfame und
höchft eindrucksvolle Atmofphäre von Sonne und Süden hervorzaubern. Aber
auch Wafferpflanzen find auf dem Flachdache heimifch zu machen, und wenn
es nur eine Seerofe in einem halben Faffe wäre. —

Ein befonderes Kapitel find die bodenbedeckenden Pflanzen zwifchen Stei-
nen und Platten. Hierfür eignen fich entfprechend den befchränkten Ernäh-
rungs- und Entwäfferungsverhältniffen nur wenige Arten der beliebten Stein-
gartenpflanzen, befonders Saxifragen und härtere Sedumarten, wenn man
fich nicht überhaupt mit Gras, Moos und Heide zwifchen den Fugen begnü-
gen will. Dagegen laffen fich alle fonftigen harten Felfenpflanzen auf befon-
ders errichteter Trockenmauer ohne weiteres auch auf dem Dache etablieren.
Und das befte ift, daß alles diefes bevorzugte Grünzeug nur verhältnismäßig
weniger technifcher Vorrichtungen bedarf, um zu gedeihen da oben auf dem
Dache. Es kann alles in der „gefpaltenen Mauer" in ihren vielen Möglichkei-
ten als Blumenkaften, Kübel, Beet und Laube gemacht werden. Zu warnen
ift hier geradezu vor zu großen cubifchen Behältern. Es muß hier alles auf
Durchlüftung und Abwäfferung eingeteilt fein und auf fparfamfte Ausnutzung
des Raumes, was ja fchon die Belaftung bedingt. Leicht und beweglich find
auch die Gerüfte und fonftigen Halt- und Schußvorrichtungen im Dachgarten.
Ich bevorzuge Spaliere aus Bambus, zarte Rundeifen und gefällige Draht-
geflechte. Aber felbft ein fo leicht—finniger Geift wie Le Corbufier, der den
europäifchen Architekten — die Afiaten und Amerikaner kennen und pflegen
den Dachgarten längft — auch die Wohnperfpektiven des flachen Daches
zum erften Mal gezeigt hat, erreicht feine Wirkung gelegentlich nur mit ver-
hältnismäßig koftfpieligen technifchen Vorbereitungen. —
Ueberhaupt darf es uns mit dem Dachgarten des „kleinen Mannes" nicht fo ß.|d GARTENHÄUs in liegnitz Architekt
gehen wie mit feinem Kleingarten unten auf der Erde. Wie diefer nicht fein Profeffor Hans Scharoun, Breslau.

\/ u ■ t I wm Ii c l I f l _j / f "fi _!■ r l" Li Dachkonftruktion: Bohlenfparren, Torfoleum»

Vorbild im taulen Villengarten alter bchule lehen darf, lo ilt die tashionable ifolierung. Eindeckung: Patentpappe

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