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Oechelhäuser, Adolf von
Die Miniaturen der Universitäts-Bibliothek zu Heidelberg (Band 2) — Heidelberg, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.1414#0021
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— 14 —

zweierlei Verzierungsweisen erkennen: entweder ist der Körper des breiten kräftigen Buch-
stabens golden, dann weist der davon eingeschlossene Theil blaue oder rosa Färbung mit
darauf liegender zierlicher weisser „Damascirung" auf, oder der Buchstabenkörper ist farbig,
dann ist die Füllung golden und mit zierlichem Ranken- und Blätterwerk im Stile unserer
Seivias-Initialen belegt. Dazu kommt eine farbige Umrahmung, die sich ungefähr dem
Umrisse des Buchstabens anpasst und vielfach an den Ecken in dornartige Spitzen ausläuft.

Auf diese Weise ist eine gewisse Abwechslung in das Heer der Initialen hinein-
gebracht worden, von denen oft ein halbes Dutzend auf einer Seite stehen. Die erwähnte
Färbung der nächsten Umgebung des Initials stammt aus ottonischer Zeit und ist seit dem
X.Jahrhundert besonders häufig in süddeutschen Mss. anzutreffen.*) Von den Zierbuch-
staben ausgehend und theils eng, theils lose damit verbunden, erstrecken sich lange bunte
Linienzüge genau wie beim Kalendarium (s. oben) an der Vorderseite der Columnen nach
oben oder unten, theils geschwungen, theils geradlinig, bald in sonderbare Wellenlinien
mit Spitzblättern, bald in Menschenköpfe und dergl. endigend. An diesen steifen und
schwerfälligen Ranken treten denn auch zum ersten Male spitze zackige Blätter auf, die
Vorläufer des Dornblattmusters, welches späterhin die Alleinherrschaft erlangen und für die
französische Initial-Ornamentik des XIV. und XV. Jahrhunderts typisch werden sollte. Noch
springen sie nur vereinzelt seitlich oder am Pmde der Ranken heraus, später überwuchern
sie die ganzen Ränder und verdrängen in ihrer Einförmigkeit alle reichere Formgebung.

Die Frage nach dem Stande des Illuminators, ob Mönch oder Laie, ist wie
meistens schwer zu entscheiden. Aus der derben drölerie auf fol. 272 b könnte man wohl
eher auf einen mönchischen Urheber, der den Bettelmönchen eins anhängen wollte,
schliessen, als auf einen Laien, der sich solchen Scherz kaum erlaubt haben dürfte. Immerhin
ist aber bekannt, dass seit Ludwig IX. (1226—1270) das Laienelement im Kunstbetriebe,
besonders auch in der Illumination, immer mehr die Oberhand über die klösterliche Thätig-
keit gewinnt, so dass der Urheber auch in den Kreisen der weltlichen „Enlumineurs" zu
suchen sein könnte. j

Wir schliessen hieran die Betrachtung einer

XIII. Vulgata

(Sal. IX, 5),

welche wie üblich am Schlüsse die Schrift des Heiligen Hieronymus de nominibus hebraicis
enthält. Auf der Innenseite des Vorderdeckels befindet sich folgender Eintrag: Ex libris
F. Petri Molitoris Salemitani dono accepi hunc librurn ab Udalrico Rösler Constancien.
Anno dni 1597. Der kostbare Lederband mit zierlicher Gold-Pressung in der Mitte und
an den Ecken ist also jedenfalls vor dieser Zeit gefertigt, worauf auch die treffliche

*) Vgl. Theil I S. 51.
 
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