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Oechelhäuser, Adolf von
Die Miniaturen der Universitäts-Bibliothek zu Heidelberg (Band 2) — Heidelberg, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.1414#0031
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— 24 —

leicht strichelnd gefärbt. Die letztere dieser beiden Initialen zu Beginn des Lucas-
Evangelium zeigt ausserdem die Eigentümlichkeit, dass die Figur des Evangelisten mit
dem Stierkopf selbst zur Bildung des senkrechten Theiles des £ benutzt worden ist. Der
Leib eines Drachen, dessen Kopf sich unter den Füssen des Evangelisten befindet, bildet
den Uebergang zu dem übrigen Theile des Buchstabens (s. Tafel IV).

Der künstlerische Werth unserer Handschrift besteht in der grossen Mannigfaltigkeit
der oben geschilderten Zierbuchstaben. Das Schwanken und Tasten, das sich in ihrer
Formgebung und Technik kundgiebt, sollte, wie wir sehen werden, noch geraume Zeit
in deutschen Illuniinisten-Kreisen die Regel bilden. Was den Ursprungsort anbetrifft,
so ist es möglich, dass die vier Bande in der Nähe der Scivias- Handschrift entstanden
sind, deren Ursprung auch Lamprecht auf den Rupertsberg bei Bingen versetzen möchte*),
möglich aber auch, dass ihre Heimath am Oberrhein, in einem schwäbischen Kloster oder
in Salem selbst zu suchen ist. Der Eintrag auf dem hintern Deckel des zweiten Bandes:
Anno domini MCCCL ego frater Hermannus de tierberg (sie!) intravi ordinem in Salem,
beweist wenigstens, dass das Werk um die Mitte des XIV. Jahrhunderts bereits in Salem
sich befunden hat.

Wesentlich einfacher ausgestattet ist

XVIII. Cod. Sal. X, 13,

eine Evangelisten-Konkordanz in folio (146 Blatt, 265 X 375 mm). Sie enthält nur drei
grössere mehrfarbige Zierbuchstaben (fol. 5a, 38a und 122b) aus dem üblichen Ranken-
uncl Blattwerk gebildet, sowie auf fol. 72b ein grosses blau-rothes Schnörkel-Initial. Daneben
eine Anzahl kleiner Majuskeln, bei denen eine gewisse Zahmheit und Zaghaftigkeit in
der Anwendung der den Buchstaben umspielenden Schnörkellinien auffällt.

Hieran schliessen wir die Betrachtung folgender zwei fast gleichgrosser Chor-
bücher in Folio, die ebenfalls den darin enthaltenen Eintragungen zufolge im Kloster
Salem beim Gottesdienst in Benützung gewesen und auch wohl dort entstanden sind.
Das zu Beginn unvollständige kleinere

XIX. Graduale

(Sal. IX, 67)
enthält 155 Blätter (275X365 mm), die bis auf eines durchweg mit Noten und Text bedeckt
sind. Acht grosse farbenprächtige Zierbuchstaben vor den Hauptabschnitten (fol. 3b, 4b,
llb, 13a, 61*, 71a, 73a und 90b) und zahlreiche grössere und kleinere zweifarbige gothische
Initialen mit und ohne Schnörkel in etwas flüchtiger Ausführung unterbrechen die einförmige
Notenschrift. Der reichgepresste Lederband trägt die Jahreszahl 1607.

*) S. Recension des I. Theiles unserer Miniaturen etc. in der Westdeutschen Zeitschrift etc. 1888 S. 77.
 
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