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Oechelhäuser, Adolf von
Die Miniaturen der Universitäts-Bibliothek zu Heidelberg (Band 2) — Heidelberg, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.1414#0097
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— 90 —

Am Schlüsse des fünften Buches steht: Finito libro referatur gratia Christo.
Burcardus de curia Herbipolensis fecit apparatum, was wohl kaum anders zu verstehen
sein dürfte, als dass sich hier der Schreiber des Apparates mit Namen nennt*). Danach
dürfte aber auch wohl Würzburger Ursprung für den künstlerischen Theil des Werkes
wahrscheinlich sein. Eine enge Verwandtschaft mit unserer Handschrift weist der etwas
jüngere Karlsruher Codex Augiensis VI auf, der nur das sechste Buch der Dekretalen mit
dem Apparate des Johannes Andrea enthält. Die Zierbuchstaben stimmen mit den unsrigen
so vollkommen überein, dass man fast an denselben Ursprung denken möchte, ebenso
die Schrift und gesammte Anordnung. Möglich, dass beide Handschriften ursprünglich
zusammengehört haben und gleichzeitig aus Franken an den Bodensee gelangt sind, die
eine nach Salem, die andere nach der Reichenau.

Erwähnt seien noch innerhalb der die letzten Blätter unserer Handschrift füllenden
Nachträge auf fol. 328b und 329a je ein Stammbaum oder Verwandtschafts-Schema, in der
üblichen staffeiförmigen Weise gezeichnet. Die bei dem zweiten Schema links und rechts
neben den Feldern angebrachten Figuren verrathen eine nicht ungeübte Zeichenfeder. Als
Schreiber dieses Theiles nennt sich ein gewisser Johannes Jochelay, die letzten Zusätze
rühren von einem Richard Botfleisch her.

Weitaus die bedeutendste und werthvollste deutsche Handschrift
unserer Sammlung ist das Werk, mit dessen Beschreibung wir diesen zweiten Theil

schliessen:

XLV. Die grosse Heidelberger (Manesse-)Lie<lerhandschrift.

(Pal. Germ. 848.)

Seit dem 10. April 1888, nach einer Abwesenheit von zweiundeinhalb Jahrhunderten,
unserer Bibliotheca Palatina glücklich wieder einverleibt**), repräsentirt dieser berühmte
Codex***), wie es Zangemeister richtig ausgedrückt hat, eine Bibliothek von 140 zu einem

J1 Ö Ö o '

*) Wenn Herbipolensis nur irrthümlich kfür Herbipolensi steht, so handelt es sieh nicht um einen
Burkhard „vom Hofe", sondern um einen Angehörigen der Würzburger Kurie, was wahrscheinlicher sein dürfte.
**) Ueber die Wiedererwerbung der Handschrift, die in erster Linie der Initiative und geschickten
Vermittlung eines geborenen Heidelbergers, des Verlagsbuchhändlers Karl Trübner in Strassburg
zu verdanken ist, hat letzterer selbst im Centralblatt für Bibliothekswesen V (1888) S. 225 ff. ausführlich
berichtet. S. auch den Bericht L. Delisle's im Journal offlciel vom 25. Februar 1888 pg. 840 sq., wieder
abgedruckt in der Bibliotheque de l'Ecole des chartes 1888 pg. 41—46 und K. Zangemeisters Angaben im
VII. Jahrgang (1888) der Westdeutschen Zeitschrift S. 368 ff.

***) Als „grosse" Heidelberger Liederhandschrift zu bezeichnen im Gegensatz zu den beiden kleineren
Heidelberger Liederhandschriften Pal. Germ. 350 (Bartsch 178) und 357 (Bartsch 184), welche 1816 mit den
übrigen Heidelberger Handschriften aus dem Vatikan zurückerstattet worden sind und neben der grossen
Heidelberger und der ehemaligen Weingartner, jetzt Stuttgarter Liederhandschrift die Hauptquelle für die
Kenntniss des deutschen Minnesanges bilden.
 
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