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Oechelhäuser, Adolf von
Die Miniaturen der Universitäts-Bibliothek zu Heidelberg (Band 2) — Heidelberg, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.1414#0091
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— 84 —

hervortritt, an Stelle; der üblichen Schnörkelbuchstaben goldene Capitalen mit mehrfarbigein
Untergrund in der Weise der altern ottonisehen Kalligraphie wieder einzuführen. Daneben,
wie z. B. auf fol. 110 \ grosse freie Schnörkel, die nicht besser gelungen sind.

Bemerkenswert!! sind die schönen Messing-Beschläge, besonders die Eckstücke
mit der merkwürdigen Aufschrift in gothischen Minuskeln: [v]ir(i) insipientis est no(n)
irasci 1464. Der Schild zwischen den getriebenen Ornamenten an der Spitze zeigt einen
Vogel mit einem Zweite. Das zugehörige Mittelstück ist rein ornamental behandelt, der ganze
Einband aber gleichzeitig mit dem der vorerwähnten Chorbücher im XVI. Jahrhundert herge-
stellt. Man hat also die Schliessen vom Jahr 1464, wie so oft, wieder verwendet und beim
Anpassen den vordem Rand mit dem ersten Buchstaben v der Umschrift überall weggeschnitten.

Unter den Trübner'sehen Handschriften finden sich aus dem XIV. Jahr-
hundert nur einige wenige für uns in Betracht kommende Werke. Verhältnissmässig am
reichsten ausgestattet ist:

XXXIX. Cod. Trübn. 1472

ein lateinisches Gebetbuch, welches trotz des kleinen Formates (94X125 mm) den Text
gross und leserlich auf ie 12 ungebrochenen Zeilen geschrieben enthält. Gleich die erste
Seite ist reich verziert. Wir sehen innerhalb eines Q den königlichen Sänger vor dem
Altar stehen und die Harfe schlagen, während der Herr mit der Weltkugel in der Hand
sich aus Wolken zu ihm herabneigt. Ringsum auf den von dem Buchstaben ausgehenden
blättergeschmückten Ranken sind theils stehende, theils horizontal schwebende Engel ange-
bracht, mit Musik-Instrumenten in den Händen das fromme Lied des Psalmisten begleitend.
In ähnlicher Weise ist fol. 24a verziert. Hier erscheinen innerhalb eines D zwei Geistliche
hinter einem mit einem rosa Tuche bedeckten Sarge oder Altartische stehend und das
Todtenamt celebrirend. Der- Eine liest die Gebete ab und hält den Weihwedel, der Andere
trägt Kreuzesstab und Weihkessel. Zwei dazu gehörige weitere Figuren sind wieder auf den
Ranken untergebracht: die Eine links ein geöffnetes Buch vorstreckend, die Andere geflügelt,
mit Nimbus versehen und die Seele des Todten, wie üblich als Kind dargestellt, in
Empfang nehmend. Eine dritte unten rechts angebrachte Person ist nicht mehr deutlich
genug erkennbar. Im Uebrigen nur noch zahlreiche kleinere und grössere Zierbuchstaben
ohne Bilder- und Rankenschmuck, theils bunt auf rechteckigem farbigem Untergrunde,
theils golden mit Schnörkeln ringsum.

Die Leistungen des Illuminators unserer Handschrift sind denen in den oben
beschriebenen reicher ausgestatteten Werken nicht ebenbürtig, weder in formaler noch in
technischer Hinsicht. Zwar sind die Figuren in der Zeichnung nicht ungeschickt, dafür
das Ranken- und Blattwerk aber um so plumper und in seiner massigen Vertheilung
unschön und aufdringlich. Auch Farbenzusammenstellung und Technik sind mangelhaft.
 
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