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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 10.1907

DOI Artikel:
Durm, Josef: Über vormykenische und mykenische Architekturformen
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https://doi.org/10.11588/diglit.34748#0051

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Über vormykenische und mykenische Architekturformen.

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Haben uns die Ausgrabungen in Tirynth, Mykenai, im homerischen Troja,
auf Kreta (Knossos, Phaistos, Hagia Triada und Gurnia) auf dem Gebiete der
großen und monumentalen Baukunst viel Neues gebracht? — Ja und nein! — In
der Auffindung der Grundrißanlagen der Herrscherpaläste der vormykenischen
und homerischen Zeit regten sie uns mächtig an und erweiterten unsere Kennt-
nisse, dagegen versagten sie in der Erbringung von Fundstücken für ihren Auf-
bau vollständig. Keine architektonisch durchgebildeten Stützen, weder Pfeiler
noch Säulen, keine Tür- und Fensterumrahmungen, keine Tragbalken, Friese
oder Hauptgesimse, keine sicheren Beweisstücke für eine Deckenbildung wurden
zutage gefördert. Und doch verlohnt es sich, die neuen Fundergebnisse mit
den seit einem Jahrhundert bekannt gewordenen Fragmenten gestürzter und
noch stehender oder wieder aufgerichteter Bauwerke an den genannten Orten
gegeneinander zu halten, zu vergleichen und zu prüfen. Da große Architekturstücke
fehlen, geben vielleicht die Übertragungen solcher in die Kleinkunst oder Dar-
stellungen auf Wandmalereien interessante Streiflichter und die Möglichkeit der
Entwicklung neuer Gesichtspunkte.
Die Mauern, Türme, Toröifnungen, die mit vorkragenden Steinblöcken über-
deckten Casematten, Vorratskammern, Treppenanlagen usw. an den obengenannten
Plätzen sind durch Veröffentlichungen hinlänglich bekannt geworden, in denen
auch der Art ihrer Ausführung, der dabei angewandten technischen Verfahren,
der verschiedenen zur Verwendung gebrachten Materialien gedacht ist. So treffen
wir natürliche und künstliche Steine — Luftziegel und Backsteine, — sauber
behauene neben nur roh bearbeiteten Quadern aus den verschiedensten Gesteins-
arten, mörtellos geschichtet mit oder ohne Klammerbänder (vgl. Fig. 11), wobei
eigenartige Constructionen der Türöffnungen und der Mauerecken auftreten (vgl.
Fig. 11). Die Flächen der Steine sind, besonders an den Kalksteinquadern des
Palastes zu Knossos, mit Steinmetzzeichen versehen. Mächtige Platten und Blöcke
aus glitzerndem Gipsspat dienten zu den unteren Schichten der Mauern und als
Bodenbeläge in Höfen und Gängen. Viereckige Backsteine verschiedener Größe,
im Durchschnittsformat von o-^Xo'ßXo'i^, wurden in Gurnia gefunden, von
denen einige Stücke im Museum zu Candia aufbewahrt werdend)

i) Vgl. Gournia, Report of the American Ex-
ploration Societys Excavations at Gournia. Crete
1901 —1903 by Harriet A. Boyd. Repr. from trans-

actions, Depart. of Archaeology, University of Penn-
sylvania. Vol.I No. I 1904 p. 34ff: „These bricks
average 0*40 X 0*30 X o'io" and seem to be üre-
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