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Original und Reproduktion: Zeitschrift für Kunsthandel und Kunstsammlungen — 1.1909

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Nr. 3
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Stegmann, HS.: Die Ausstellung alten bayerischen Porzellans im Nationalmuseum zu München
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https://doi.org/10.11588/diglit.74401#0151

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HEFT 3

ORIGINAL UND REPRODUKTION

SEITE 135


DIE AUSSTELLUNG ALTEN BAYERISCHEN
PORZELLANS IM NATIONALMUSEUM ZU
MÜNCHEN
1s vor bald einem Jahrhundert die lange andauernde Bewegung
einer Gründung von Kunftgewerbemufeen einfetyte, waren es
nicht fo fehr wiffenfcbaftlicbe und äftbetifcbe, als praktifche Gründe,
die zur Errichtung derartiger Hnftalten führten. Die »Mufter-
fammlung« für das moderne Kunftgewerbe, damals mit dem

heute verpönten Namen »Kunftinduftrie« belegt, follte zur Stilerneuerung, die
im wefentlicben durch eine mehr oder minder getreue Nachbildung der biftori-
fcben Stile erwartet wurde, führen. Huf gleichen oder ähnlichen Prinzipien
beruhten die periodifchen Husftellungen der Mufeen auf einzelnen Gebieten.
- Seit ungefähr fünfzehn Jahren hat fich nun im Mufeumsbetrieb bezüglich
feiner Ziele eine langfame aber einfcbneidende Wandlung vollzogen und voll-
zieht fich noch: der früher in vorderfter Linie flehende vorbildliche Zweck
tritt mehr und mehr zurück. Wie bei den ausfcbließlicb der freien Kunft
gewidmeten oder rein biftorifchen Mufeen tritt die kunftbiftorifcbe, biftorifche
und äftbetifche Würdigung in den Vordergrund, im engeren Sinne wird die
wiffenfcbaftlicbe Erforfchung der kunftgewerblieben Vergangenheit bevorzugt.
Wenn jeßt das Bayerifche Nationalmufeum, das, durch feinen Werdegang
bedingt, für das Land die Funktionen eines kunft= und kulturgefcbicbtlicben
und eines Kunftgewerbemufeums gleichzeitig vertritt, mit einer Sonder-
ausftellung in erfter Linie an die Facb= und Kennerkreife, in zweiter an
ein größeres Publikum herantritt, fo ift die Tendenz nach dem Gefagten
von vornherein klar: Für den erften engeren Kreis foll fie die wiffen-
fcbaftlicbe Erforfchung des vorliegenden Gebietes, der Porzellankunft des
18. Jahrhunderts im heutigen Königreich, für den zweiten einen Einblick
in das Geiftes= und Kunftleben des 18. Jahrhunderts geben, alfo kultur-
gefcbicbtlicb bildend und fcbließlicb auch äftbetifeb anregend wirken. ::
Die ältefte der bayerifeben Fabriken ift die kurbayerifebe, die zuerft in Neudeck,
dann in Nympbenburg ihren Sib hatte. Während die Fabrik febon in der
erften Periode (etwa 1750—61) in der Husftattung und Dekoration von
Gefäßen ganz ausgezeichnetes leiftete, ift die Figurenplaftik vor dem Ein-
tritt des italienifcben Bildhauers Franz Bastelli in ihren überfcblanken,
fcbwäcblicben Kavaliere und Damenfiguren in der Nachbildung und in der
ebarakteriftifeben, aber technifcb unvollkommenen Bemalung zunächft ziem-
lieb fcbwacb. Bastelli's Wirkfamkeit in der Fabrik bis etwa 1765 bezeichnet
in jeder Beziehung den Höhepunkt Nymphenburgs. Bastelli hat vielleicht,
wie keiner feiner gleichzeitigen Konkurrenten, das Material als folches
beberrfcht. Es ift wohl kein Zufall, daß von feinen berühmteften Stücken,
 
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